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des Bezirksamts Berchtesgaden nicht auf Grund des § 58 des Krankenversicherungsgesetzes,
sondern des Art. 43 des bayerischen Gesetzes über die öffentliche Armen= und Krankenpflege
ergangen ist, wonach die Streitigkeiten über den Vollzug des Gesetzes von den Verwaltungs-
behörden und in letzter Instanz vom Verwaltungsgerichtshof entschieden werden.
Auch aus dem § 239 der Zivilprozeßordnung kann ein Einwand gegen die Zulässigkeit
des gestellten Antrags nicht abgeleitet werden. Nach dem 8§ 3 des Einführungsgesetzes zur
Zivilprozeßordnung findet diese auf alle bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten Anwendung, die vor
die ordentlichen Gerichte gehören. Das Verfahren vor den nach § 17 Abs. 2 des Gerichts-
verfassungsgesetzes bestellten besonderen Behörden — hier dem Gerichtshofe für Kompetenz-
konflikte — ist nach Nr. 3 a. a. O. gesonderter gesetzlicher Regelung vorbehalten. Die
Vorschrift des § 239 der Zivilprozeßordnung ist in diesem Verfahren nicht anwendbar,
vielmehr kann die Tatsache, daß seit der Erlassung des Urteils vom 8. Februar 1901
mehrere Beklagte mit Tod abgegangen sind, soweit sie nicht bereits durch das Zusatzurteil
vom 23. Februar 1906 Berücksichtigung gefunden hat, erst dann ihre Wirkung äußern,
wenn das gerichtliche Verfahren seinen Fortgang nehmen soll. Es isthiernach anzunehmen,
daß der Fall eines verneinenden Kompetenzkonflikts nach Art. 22 Abs. 1 des Kompetenz-
konflikt--Gesetzes gegeben und der von der Klagpartei gestellte Antrag auf dessen Verbescheidung
durch den Kompetenzkonfliktsgerichtshof zulässig ist.
Die Beantwortung der Frage, ob für die Entscheidung über einen vor dem Gericht
oder bei einer Verwaltungsbehörde geltend gemachten Anspruch der Rechtsweg zulässig oder
unzulässig ist, hängt von der rechtlichen Natur des streitigen Rechtsverhältnisses ab. Gehört
dieses dem bürgerlichen Rechte an, so haben die Gerichte zu entscheiden, entspringt es aus
dem öffentlichen Rechte, so ist die Zuständigkeit der Verwaltungsbehörden begründet. Die
rechtliche Natur des streitigen Rechtsverhältnisses bestimmt sich nach dem Inhalte der tat-
sächlichen Begründung des Anspruchs. Dabei ist das Vorbringen des Klägers in seiner
Gesamtheit zu würdigen. Entscheidend ist nicht die rechtliche Auffassung des Klägers,
sondern das Wesen, die innere Natur des geltend gemachten Anspruchs (val. insbes. die
Erkenntnisse des Gerichtshofs für Kompetenzkonflikte vom 4 Mai 1909 GVBl. 1909
Beil. III, vom 22. Februar 1910, 24. Mai 1910 und 31. Mai 1910 GVBl. 1910
Beil. I, II, III, Wach, Handbuch des deutschen Zivilprozeßrechts Bd. 1 S. 109,
von Seydel, Bayer. Staatsrecht Bd. 1 S. 586, Gaupp-Stein, Kommentar zur Zivil-
prozeßordnung 10. Aufl. S. 7).
Die Anwendung dieser Grundsätze auf den vorliegenden Fall ergibt folgendes: Die
Gemeinde Bischofswiesen hat zur Begründung ihrer Klage behauptet, sie habe die auf die
Verpflegung des in der Folge verstorbenen Lorenz Ponn im Distriktskrankenhause Berchtes-
gaden erwachsenen Kosten, zu deren Tragung für sie keinerlei Verpflichtung bestanden habe,