Full text: Gesetz- und Verordnungs-Blatt für das Königreich Bayern. 1915. (42)

Nr. 32. 321 
II. Bemerkungen zu den einzelnen Bestimmungen des Stempelgesetzes. 
10. Zu Art. 1. 
! Der Kreis der stempelpflichtigen Gegenstände ist durch den Tarif bestimmt. Der 
Tarif ist damit zu einem wesentlichen Bestandteile des Gesetzes selbst gemacht. Dem Stempel 
unterliegen die im Tarif aufgeführten Urkunden. Die Stempelpflicht hängt demnach ma- 
teriell vom Vorhandensein eines im Tarif aufgeführten Gegenstandes und formell von der 
Ausstellung einer Urkunde ab. Fehlt es an einem dieser beiden Erfordernisse, so besteht 
keine Stempelpflicht. Die Stempelpflicht tritt daher nicht ein, wenn zwar ein im Tarif 
aufgeführtes Rechtsgeschäft abgeschlossen, jedoch eine Urkunde über dieses Rechtsgeschäft nicht 
errichtet wird. Ist dagegen eine Urkunde errichtet, so ist es für die Steuerpflicht ohne 
Belang, ob zur Rechtswirksamkeit des Geschäfts nach den Vorschriften des bürgerlichen 
Rechtes schriftliche Beurkundung erforderlich ist oder nicht. 
I! Die Aufzählung im Tarif ist erschöpfend. Urkunden über Geschäfte, die im Tarife 
nicht aufgeführt sind, unterliegen daher dem Stempel nicht, z. B. Erklärungen über An- 
nahme oder Ausschlagung einer Erbschaft, Kündigungen, Mahnungen, Quittungen, außer 
wenn über sie eine Notariatsurkunde errichtet wird. 
11. Zu Art. 2. 
1 Der Art. 2 regelt die räumliche Herrschaft des Gesetzes. Er unterwirft zunächst 
die in Bayern errichteten Urkunden dem Stempel. Bei den in Bayern errichteten 
Urkunden ist es daher für die Stempelpflicht an sich — nicht immer für die Höhe des 
Stempels — gleichgültig, ob der Aussteller Bayer oder Nichtbayer ist und ob das Geschäft 
in Bayern befindliche Gegenstände betrifft oder nicht, ob es in Bayern oder außerhalb 
Bayerns zu erfüllen ist. 
1I Bei den außerhalb Bayerns errichteten Urkunden soll die Territorialität 
der Geschäfte entscheiden. Hierbei steht der Art. 2 auf dem Standpunkte, daß alle Ur- 
kunden über Rechtsgeschäfte, die in Bayern gelegene Grundstücke oder den Grund- 
stücken gleichstehende Rechte oder Rechte an solchen Grundstücken oder Rechten 
betreffen, dem Stempel in Bayern unterliegen sollen ohne Rücksicht auf den Ort der Er- 
richtung. Der Art. 2 Abs. II zieht somit für die Besteuerung in Bayern von vornherein 
und ohne jede Einschränkung die Urkunden über Gegenstände des bayerischen Immobiliar-= 
verkehrs heran. 
III Die außerhalb Bayerns errichteten Urkunden über Rechtsgeschäfte anderer Art sind dem 
Stempel nur dann unterworfen, wenn sie in Bayern befindliche Gegenstände betreffen oder 
in Bayern zu erfüllen sind. Die Stempelpflicht solcher Urkunden tritt aber nicht ohne 
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