Full text: Gesetz- und Verordnungs-Blatt für das Königreich Bayern. 1915. (42)

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befreiung für privatschriftliche Vollmachten, die nach der Reichs-Versicherungsordnung zum 
Ausweis und zu Nachweisungen erforderlich werden (§ 138 der Reichsversicherungsordnung 
vom 19. Juli 1911 — RBl. S. 509 —). 
VII. Art. 4 Ziff. 2 befreit alle Urkunden, die zur Sicherung öffentlicher Abgaben des 
Reichs oder des bayerischen Staates beigebracht werden müssen, sofern sie allein zu diesem 
Zwecke dienen. Dies geht einerseits wesentlich weiter als die Vorschrift des Art. 194 
Ziff. 2 G., insofern die Befreiung nicht bloß auf die Bestellung von Sicherungshypotheken, 
sondern auf Urkunden jeglicher Art erstreckt ist. Anderseits aber ist die Befreiung auf 
Urkunden eingeschränkt, die zur Sicherung öffentlicher Abgaben des Reichs oder des 
bayerischen Staates beigebracht werden müssen. 
VIII Art. 4 Ziff. 3 begünstigt Grundabtretungen und ähnliche Geschäfte zu öffentlichen 
Zwecken. Die Vorschrift hat hauptsächlich Grundabtretungen an Gemeinden zu Straßenher- 
stellungszwecken u. dgl. im Auge und bestimmt, daß diese Geschäfte stempelfrei sein sollen, 
„soweit“ sie im öffentlichen Interesse vorgenommen werden und die Grundabtretungen unent- 
geltlich erfolgen. Durch diese Fassung kommt zum Ausdrucke, daß, wenn die Voraussetzungen 
nur teilweise gegeben sind, teilweise Befreiung einzutreten hat. Wird daher zu einer städtischen 
Straßenanlage ein Grundstück im Werte von 20000 “ um den Preis von 5000 4“ 
überlassen, so ist der Stempel aus 5000 und nicht aus 20 000 4 zu erheben. 
13. Zu Art. 5. 
Eine Ausnahme von dem im Art. 5 aufgestellten Grundsatze, daß nur solche Urkunden 
dem Stempel unterliegen, die unterschrieben sind, enthält Tarifstelle 9 Abs. IV. 
14. Zu Art. 6. 
1 Werden bei Rechtsgeschäften, an denen Mehrere beteiligt sind, die Erklärungen einzelner 
Beteiligter oder bei Rechtsgeschäften, deren Wirksamkeit von der Genehmigung oder dem 
Beitritt einer Behörde oder eines Dritten abhängt, die Genehmigungs= oder Beitrittser- 
klärungen in gesonderten Urkunden beurkundet, so ist nach Art. 6 Abs. I der Geschäfts- 
stempel für das Rechtsgeschäft nur einmal geschuldet. Hierdurch wird jedoch die Erhebung 
des fixen Beurkundungsstempels (Tarifstelle 30) für die notarielle Beurkundung der einzelnen 
Zustimmungs-, Genehmigungs= oder Beitrittserklärungen nicht berührt. 
II Weil der Tarif nur wenige privatschriftlich errichtete Verträge (z. B. Tarifstelle 9, 36 A) 
für stempelpflichtig erklärt, ist das Anwendungsgebiet der Vorschrift des Abs. II sehr be- 
schränkt. Ihre Bedeutung geht dahin, daß die durch Briefwechsel geschlossenen Verträge 
stempelfrei sein sollen, wenn der Briefwechsel sich innerhalb des aus der Natur der Sache 
sich ergebenden Zweckes, nämlich innerhalb der Aufgabe hält, die Bedingungen des Geschäfts
	        
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