Full text: Gesetz- und Verordnungs-Blatt für das Königreich Bayern. 1915. (42)

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Willenserklärungen der wirkliche Wille zu erforschen und nicht an dem buchstäblichen Sinne 
des Ausdrucks zu haften ist (8 133 BGB.). Der Grundsatz, daß die Stempelpflicht der 
Urkunde sich nur nach dem Inhalte bemißt, soll nicht hindern, daß zur Feststellung des Willens 
der Parteien und des Gehalts ihrer Erklärungen Umstände berücksichtigt werden, die außer— 
halb der Urkunde liegen. 
IV Die Stempelpflicht wird von der Beifügung von Bedingungen nicht beeinflußt. Die 
Wiederaufhebung oder die unterbliebene Ausführung des Geschäfts oder die Vernichtung der 
Urkunde befreit von der Verpflichtung zur Stempelentrichtung nicht. Etwaige Härten können 
auf dem Wege der Erstattung ausgeglichen werden (Art. 48). Eine Ausnahme läßt der 
Satz 2 des Art. 8 Abs. II nur für solche Geschäfte zu, die unter einer aufschieben den 
Bedingung abgeschlossen sind Wenn in einem solchen Falle binnen 3 Monaten von der 
Errichtung der Urkunde an nachgewiesen wird, daß die Bedingung nicht eingetreten ist, so 
ist der Stempel zu erstatten. Der Nachweis ist dorthin zu erbringen, wo der Stempel 
angesetzt wurde. Der Eintritt einer auflösenden Bedingung begründet niemals einen Anspruch 
auf Erstattung. 
16. Zu Art. 9. 
1 Jedes Rechtsgeschäft ist ohne Rücksicht auf die Zahl der Beteiligten nur einmal 
zu besteuern. Wenn eine Urkunde mehrere Rechtsgeschäfte enthält, so bemißt sich die 
Stempelpflicht nach den Vorschriften der Abs. II bis IV. Diese Vorschriften lehnen sich, 
abgesehen von der Anderung im Abs. IV Satz 2, an das frühere Recht (Art. 186 GG.) an, 
so daß auch die hierzu ergangene Rechtsprechung Bedeutung behält. Namentlich ist auch 
die frühere Sondervorschrift (Art. 186 Abs. 2 G.) beibehalten, nach welcher Erklärungen, 
die sich nur als Bedingungen des Hauptgeschäfts darstellen oder zur Erfüllung der Leistung 
oder der Gegenleistung des Hauptgeschäfts bedungen oder übernommen werden, insbesondere 
auch Bürgschaften und Pfandbestellungen, für die Stempelpflicht nicht als selbständige Rechts- 
geschäfte anzusehen sind. Voraussetzung ist dabei, daß sie in der gleichen Urkunde wie das 
Hauptgeschäft enthalten sind. Wenn jedoch das Hauptgeschäft und die Nebengeschäfte unter 
verschiedene Tarifstellen fallen, so ist der Steuersatz nach der Tarifstelle bemessen, die den 
höchsten Stempelbetrag ergibt, da Abs. IV Satz 2 den Art. 8 Abs. I Satz 2 für anwendbar 
erklärt. 
I! Für die Anwendung des Abs. III entscheidet nicht die Angabe der Parteien, daß ein 
in einer Vertragsurkunde mitbeurkundetes Geschäft kein selbständiges Geschäft sein soll, sondern 
ausschließlich der wirkliche Sachverhalt. Wenn das mit einem Kaufvertrag in einer Urkunde 
zusammen beurkundete Geschäft ein Bestandteil des Kaufvertrags sein soll, so wird erforderlich 
sein, daß die Bestimmungen des Kanfvertrags über den Betrag, die Verzinslichkeit und
	        
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