Zu Art. 6.
Zu Art. 7.
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11.
1 Es ist davon auszugehen, daß die Umkost, d. i. die Verköstigung der Hilfsbedürftigen
in der Weise, daß sie die Kost bei den Einwohnern der Reihe nach einnehmen müssen,
verboten ist. Ausnahmen dürfen daher nur unter ganz besonderen Umständen bewilligt
werden. Die Aussichtsbehörden haben dabei eingehend insbesondere zu prüfen, wieweit die
für die Zulassung der Umkost geltend gemachten Gründe zutreffen, ob hiernach die Ver-
köstigung nicht auch anders als in Form der Umkost auf zufriedenstellende und den wirt-
schaftlichen Verhältnissen der Gemeinde entsprechende Weise geschehen kann und welche Auf-
lagen zur Verhütung von Mißständen zu machen sind. Die erteilte Bewilligung ist zurück-
zuziehen, sobald sich Mißbräuche zeigen. Es ist namentlich auch darauf zu achten, daß an
der Umkost nicht die in Abs. II bezeichneten Personen teilnehmen.
II In der Pfalz ist die Umkost auch in Zukunft nicht gestattet. Im übrigen ist dahin
zu wirken, daß durch zweckentsprechende Regelung des Verköstigungswesens und der Armen-
fürsorge überhaupt die Umkost auch dort, wo sie noch ausnahmsweise zugelassen werden kann,
mehr und mehr verschwindet.
8 12.
1 Art. 7 Abs. III bezieht sich nur auf die Fälle der Kinderunterstützung. Er ermöglicht
durch Verweigerung der Armenhilfe die Einwirkung auf pflichtvergessene Eltern und ihre
Stellvertreter, die Erziehung der Kinder, für die Unterstützung gewährt wird, nicht zu ver-
nachlässigen. Ist die Vorschrift im einzelnen Falle nicht durchzuführen, die Trennung der
Kinder von den Eltern aber notwendig, so muß der Armenverband das Einschreiten des
Vormundschaftsgerichts veranlassen und nötigenfalls die gesetzlichen Rechtsmittel ergreifen
(Bürgerliches Gesetzbuch § 1666, Gesetz über die freiw. Gerichtsbarkeit § 57 Abs. 1 Ziff. 9).
I1 Wird dagegen die Unterstützung nicht ausdrücklich nur für die Kinder, sondern für die
Eltern gewährt, so kann die öffentliche Armenpflege zwar nicht nach Art. 7 Abs. III vorgehen,
sie kann sich aber in gleicher Weise an das Vormundschaftsgericht wenden. In beiden Fällen
können auch Anregung der Fürsorgeerziehung, Strafeinschreitung nach dem RSteB. 8 361
Ziff. 5, 10, PSt GB. Art. 81 (vgl. auch die ME. vom 27. März 1894 MAhl. S. 156)
sowie der armenpolizeiliche Arbeitszwang in Frage kommen.
III Nach Art. 7 Abs. IV darf den Organen der Armenverbände und den Vertretern der
Staatsaufsichtsbehörde der Eintritt in die Wohnung der unterstützten Hilfsbedürftigen nicht
verwehrt werden. Die Beauftragten der Landarmenverbände können beim Ausfsuchen von
Landarmen, die nach Art. 56 Abs. I den Ortsarmenverbänden überwiesen sind, namentlich
auch prüfen, ob nicht eine unterschiedliche Behandlung der Ortsarmen und Landarmen zum
Nachteile des Landarmenverbandes stattfindet, ob die Ortsarmenverbände bei der Untersuchung