Nr. 81. 1247
II.
1. Alle Gemeinden mit mehr als 2000 Einwohnern sind verpflichtet, sofort Massen-
quartiere zur vorübergehenden Unterbringung von aus Anlaß der Demobilmachung
obdachlos gewordenen Zivilpersonen bereitzustellen.
2. Die für diesen Zweck erforderlichen Räume sind in gemeindlichen oder staatlichen
Gebäuden oder im Wege gütlicher Vereinbarung oder mit Hilfe des § 5 der Bundesrats-
verordnung über Maßnahmen gegen Wohnungsmangel zu beschaffen. Außerdem werden die
in Betracht kommenden Gemeindebehörden ermächtigt, geeignete private Räume (Tanzsäle,
Wirtszimmer, unbelegte Vereinslazarette usw.) gegen Vergütung hiefür in Anspruch zu nehmen.
Kommt über die Höhe der Vergütung zwischen der Gemeinde und dem Inhaber der Räume
keine Vereinbarung zustande, so entscheidet hierüber das Mieteinigungsamt, in Ermangelung
eines solchen das Amtsgericht als Einigungsamt. Mangelnde Vereinbarung über die Höhe
der Vergütung entbindet nicht von der Verpflichtung zur sofortigen Überlassung der Räume.
3. Die Gemeindebehörden der sämtlichen Gemeinden des Landes werden außerdem
hiemit ermächtigt, zur vorübergehenden Unterbringung von aus Anlaß der Demobil-
machung obdachlos gewordenen Zivilpersonen die Fremdenzimmer und sonstigen verfügbaren
Räume von Hotels, Gasthöfen und Pensionen und im Notfall Bürgerquartiere gegen Ver-
gütung in Anspruch zu nehmen.
Hiebei ist im allgemeinen wie bei Einquartierung von Militärpersonen zu verfahren
(Gesetz über Kriegsleistungen vom 13. Juni 1873). Die Gemeindebehörden können hierüber
besondere Bestimmungen erlassen. Auch die zu leistende Vergütung ist wie bei Einquartierung
von Militärpersonen zu berechnen, wenn die Gemeindeverwaltung nicht höhere Sätze festsetzt.
Ein Anspruch der unterzubringenden Personen auf Unterbringung in Bürgerquartieren
besteht nicht.
Die augenblicklichen Inhaber der in Anspruch genommenen Fremdenzimmer in Hotels,
Gasthösen und Pensionen sind zu deren sofortigen Freigabe auf Verlangen der Gemeinde-
behörde verpflichtet, wenn sie zur Ausübung ihres Dienstes oder Hauptberufes nicht unbedingt
auf die in Anspruch genommenen Näume angewiesen sind.
4. Die Gemeinden können die ihnen durch die Unterbringung von Zivilpersonen im
einzelnen Fall erwachsenden Kosten von den untergebrachten Personen ganz oder teilweise
einheben. Die Untergebrachten sind — Zahlungsfähigkeit vorausgesetzt — zur Zahlung
verpflichtet.
Soweit hiedurch die den Gemeinden durch den Vollzug dieser Anordnung erwachsenden
Kosten nicht gedeckt werden, können sie als Kosten der Kriegswohlfahrtspflege aufgerechnet
werden.
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