Full text: Gesetz- und Verordnungsblatt für das Königreich Sachsen vom Jahre 1848. (14)

( 31 ) 
25) Bekanntmachung, 
einige Rechtssätze in Beziehung auf Nullitätsklagen betreffend: 
vom 4ten März 1848. 
Mit Genehmigung des Königlichen Ministeriums der Justiz hat das Oberappellationsgericht 
nachstehende Rechtssätze, welche es bei Entscheidungen über Nullitätsklagen beobachtet, zur 
öffentlichen Kenntniß zu bringen beschlossen: 
1. Der Anstellung förmlicher Nullitätsklagen bedarf es in Civilsachen, wenn Ent- 
scheidungen, die ihrer formellen Beschaffenheit nach geeignet find, Rechtskraft zu erlangen, 
aus mnateriellen Gründen als nichtig angefochten werden sollen. Nullitätsklagen gegen blose 
Resolutionen der Unterrichter sind daher nicht statthaft. Gegen Entscheidungen höherer Ju- 
stizbehörden sind Nullitätsklagen unter den später zu erwähnenden allgemeinen Voraussetzun- 
gen auch dann zulässig, wenn erstere nicht in der Form von Erkenntnissen, sondern im Ver- 
ordnungswege ertheilt worden sind. 
(vergl. Gesetz vom 2 Ssten Januar 1835, Sub B, § 30) 
2. Zur materiellen Begründung derartiger Nullitätsklagen gehört das Anführen, daß 
die angefochtene Entscheidung gegen klare gesetzliche Bestimmungen (contra jus in thesi), 
oder gegen frühere rechtskräftige Entscheidungen verstoße. Die Behauptung, daß ein Er- 
kenntniß auf falschen Urkunden oder Gezeugnissen beruhe, (Proceßordnung von 1622, tit. 
XXXVIII, § 2) muß, so weit dieß überhaupt statthaft ist, mittelst, beim competenten 
Unterrichter anzubringender besonderer Klagen (actiones restitutoriae vel rescisscriae) 
an= und ausgeführt werden. 
Z. Das außerordentliche Rechtsmittel der Nullitätsklage ist nur dann zulässig, wenn die 
im ordentlichen Instanzenzuge zulässigen Remedien verbraucht worden sind, ohne Abhülfe der 
fraglichen Beschwerden herbeizuführen. Nullitätsklagen gegen Erkenntnisse erster Instanz 
können daher nicht vorkommen. 
4. Die in dem Gesetze vom 2 Ssten Januar 1835, Sub B., die höheren Justizbehörden 
und den Instanzenzug betreffend, § 20, enthaltene Bestimmung leidet auch in dem Falle An- 
wendung, wo Entscheidungen zweiter Instanz in Sachen, welche im ordentlichen Instanzen- 
zuge nicht bis zum Oberappellationsgerichte gelangen können, 
vergl. das angezogene Gesetz vom 2 Ssten Januar 1835, sub B, 98 18, 19 und 
30 und Gesetz vom 13ten Januar 1838, die Abänderung und Erläuterung ei- 
niger Bestimmungen des Gesetzes vom 2sten Januar 1835 über die höheren 
Justizjbehörden und den Instanzenzug betreffend, § 10 am Ende, 
mittelst förmlicher Nullitätsklage angefochten werden sollen. Auch diese sind daher beim 
Oberappellationsgerichte einzureichen.
	        
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