Verhalten und
Pflichten der
Leichenfrau.
( 188 )
ihrer Instruction die allgemeine medicinalpolizeiliche Oberaufsicht über den Leichendienst und
die Handhabung der darauf bezüglichen gesetzlichen Bestimmungen zu. Sie haben daher die
neu anzustellenden Leichenfrauen und, soweit nöthig, auch die bereits angestellten, in den bei ihnen
erforderlichen Kenntnissen zu unterweisen und über ihre Dienstobliegenheiten zu belehren, und
nach Prüfung derselben zum Behuf ihrer Anstellung die Tauglichkeit derselben zu bestimmen,
auch dafür Sorge zu tragen, daß die zu den ihnen jetzt aufgetragenen Verrichtungen nicht ge-
hörig befähigten allmählig durch bessere ersetzt werden.
Die Einrichtung der Todtenhallen auf den Kirchhöfen und die gehörige Instandhaltung
derselben haben sie nach Maaßgabe der in § 7 und 8 dieser Verordnung enthaltenen Bestimm-
ungen zu überwachen, nicht minder diejenigen Unzuträglichkeiten abzustellen, welche sich bei
der Verwaltung derselben als gesundheitsgefährdend zeigen sollten. Bei Anlegung neuer Kirch-
höfe, sowie bei etwaniger Errichtung von Leichenhäusern haben sie mit Rath und Belehrung
an die Hand zu gehen.
Dresden, den 20sten Juli 1850.
Ministerium des Innern.
von Friesen. Eppendorf.
A.
Instruction für die Leichenfrau.
& 1. Die Leichenfrau hat in dem ihr aufgetragenen Dienste bescheiden, treu und fleißig,
nüchtern und mäßig zu sein, auch eines christlichen und frommen Wandels sich zu befleißigen.
Ueber die ihr bei ihren Verrichtungen bekannt werdenden Familienverhältnisse hat sie strenge
Verschwiegenheit zu beobachten.
. Sie soll, wenn sie ausgeht, zu Hause eine Nachricht hinterlassen, wo sie zu finden
sei, wenn sie aber zu einer Leiche gerufen wird, ohne Verzug bei derselben sich einfinden.
& 3. Es liegt ihr ob, in den gewöhnlichen Fällen die Zeit zu bestimmen, wenn die Leiche
beerdigt werden dürfe, in zweifelhaften Fällen aber zum Behuf dieser Bestimmung einen Arzt
oder Wundarzt herbeizurufen.
Sie selbst darf die Beerdigung einer Leiche nur dann gestatten, wenn 72 Stunden nach
dem Tode verflossen und zugleich die Zeichen allgemeiner Fäulniß des Körpers sich bereits ein-
gestellt haben.
Sie darf die Beerdigung aber nicht gestatten, wenn entweder nach Verlauf von 72 Stun-
den die Zeichen allgemeiner Fäulniß noch fehlen oder wenn zwar die Zeichen der Fäulniß vor-
handen sind, aber die angegebene Zeit noch nicht verflossen ist. In diesen beiden zweifelhaften
Fällen hat die Leichenfrau für Herbeirufung eines Arztes oder Wundarztes zu sorgen.