Full text: Gesetz- und Verordnungsblatt für das Königreich Sachsen vom Jahre 1850. (16)

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8 4. Wenn sie bei einer Leiche ankommt, hat sie zunächst zu fragen, wenn und unter Erster Besuch 
welchen Umständen der Tod erfolgt, ob Krankheit oder ein Unfall demselben vorausgegangen bei der Leiche. 
sei, hierauf aber zur Besichtigung der Leiche zu verschreiten. Hierbei muß die erste Sorge der 
Leichenfrau sein, sich von der Gewißheit des erfolgten Todes zu überzeugen und werden ihr dazu 
die im Anhange unter zusammengestellten Zeichen zur Richtschnur dienen. Gehen ihr nach dem, 
was sic an der Leiche selbst wahrnimmt oder nach anderen in Erfahrung gebrachten Umständen 
Zweifel bei, so hat sie den zunächst zu erlangenden Arzt oder Wundarzt herbeizurufen und dieses 
auch dann zu thun, wenn die Anwesenden diese Herbeirufung nicht wünschen oder nicht zugeben 
wollen und in solchem Falle überdieß Anzeige an die Obrigkeit zu machen. 
5. In folgenden Fällen hat die Leichenfrau jedesmal, wenn noch kein Arzt oder Wund-Fälle, in wel- 
arzt zugegen war, einen solchen herbeizurufen und auf dessen Herbeirufung zu bestehen: * m Ait 
a) wenn sie sieht oder hört, daß die Leiche eine schwangere oder im Kreisen leblos ge= jedesmal zuz- 
wordene Frauensperson ist; ziehen ist. 
b) wenn sie hört oder den Verdacht hat, daß der Tod auf eine gewaltsame Art erfolgt 
ist, es sei durch Gift, Verletzung, Erdrosselung, Erstickung, Betäubung, Einathmen schäd- 
licher Dünste, Ertrinken, Erfrieren oder auf eine andere solche Weise; 
) wenn sie hört, daß der Tod in Folge eines Schlagflusses oder eines heftigen Blut- 
sturzes erfolgt ist; 
d) wenn die verstorbene Person früher an Ohnmachten, Krämpfen, Staube, Fallsucht 
oder bösem Wesen, an Starrsucht, Mutterbeschwerden und dergleichen Zufällen gelitten hat; 
e) wenn der Tod plötzlich bei einer anscheinend ganz gesunden oder nur an einer kurzen 
und leichten Krankheit leidenden Person entweder ohne alle bekannte Ursache oder in Folge eines 
Schrecks, eines Aergers oder einer anderen heftigen Gemüthsbewegung oder in Folge über- 
mäßigen Essens und Trinkens, langen Hungerns und Durstens, einer starken körperlichen An- 
strengung, einer Erhitzung oder Erkältung erfolgt ist; 
1) wenn die Leiche noch eine ungewöhnlich frische, rothe oder doch nicht die wahre Leichen- 
farbe hat; ein noch volles nicht eingefallenes Gesicht, in den Augen noch einigen Glanz zeigt; 
wenn die Gliedmaßen völlig biegsam sind, oder an den Stellen, wo die Leiche aufliegt, die 
Theile sich nicht platt gedrückt haben; oder wenn noch eine Spur schwachen Athemholens oder 
schwachen Herzschlags sichtbar oder durch die Hand fühlbar ist. « 
§6.Bei-LeichenneugebornerKindersollfiedaraufachtcn,obirgendeinchrletzung 
am Kopfe oder am Körper oder blaue oder rothe Flecke daran wahrnehmbar sind; sie soll mit 
dem Finger tief hinter in den Mund fühlen, um zu erforschen, ob etwa zäher Schleim daselbst 
befindlich sei, der das Athmen hindert; auch soll sie nach der Oeffnung der Harnröhre und des 
Afters sehen, welche zuweilen verwachsen und verschlossen sind, so daß das Kind wegen Mangel 
dieser Ausleerungen scheintodt sein kann. Wo sich etwas der Art findet, hat sie für schleunige 
Herbeirufung eines Arztes oder Wundarztes zu sorgen. 
1850. 35
	        
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