Full text: Gesetz- und Verordnungsblatt für das Königreich Sachsen vom Jahre 1850. (16)

( 192) 
niß früher als nach 72 Stunden erfolgen dürfe oder ob die Leiche in die Todtenhalle gebracht 
werden solle. 
Ist ein Arzt oder Wundarzt nicht zu erlangen und wird bei überhandnehmender Fäulniß, 
namentlich in engen Wohnungen, die Leiche den Hinterbliebenen lästig und gefährlich, so muß 
die Leichenfrau anordnen, daß die Leiche in der Todtenhalle beigesetzt werde, bis nach 72 
Stunden die Beerdigung erfolgen kann. 
Verhalten der & 18.Bei allgemein herrschenden bösartigen oder ansteckenden Krankheiten hat die Lei- 
dekbichenfran) chenfrau von dem Arzte oder Wundarzte, welcher den Verstorbenen in seiner letzten Krankheit 
Seuchen. behandelt hat, darüber Anordnung einzuholen, ob die Leiche im Sterbehause verbleiben dürfe 
oder ob dieselbe in die Todtenhalle gebracht oder früher als nach 72 Stunden beerdigt werden 
solle, ingleichen ob das stille Begräbniß zu beantragen sei. " 
Wenn bei der letzten Krankheit des Verstorbenen ein Arzt oder Wundarzt nicht zugegen 
gewesen ist, so hat die Leichenfrau einen solchen herbeizurufen, um nach Besichtigung der Leiche 
die erforderlichen Anordnungen von ihm zu erhalten. 
Alle von dem Arzte oder Wundarzte ihr ertheilten Anordnungen hat die Leichenfrau 
pünktlich und vollständig in Ausführung zu bringen. 
Gemeinschaft- & 19. In beiden Fällen, bei frühzeitig eintretender Fäulniß und bei allgemein herrschen- 
liches für beide den Krankheiten (§17, 18) hat die Leichenfrau dafür zu sorgen, daß Niemand, der nicht bei 
vorige F4 e der Leiche unmittelbar zu thun hat oder zu den hinterbliebenen nächsten Verwandten und Freun- 
den des Verstorbenen gehört, zu derselben gelassen werde. Sie hat auf die Entfernung blos 
neugieriger Zuschauer, namentlich Kinder, mit Ernst und Festigkeit zu dringen. 
#20. Bei jeder Leiche ohne Ausnahme, insbesondere aber bei solchen, welche frühzeitig 
Zeichen der Verwesung bemerken lassen oder welche während allgemein herrschender Krankheiten 
vorkommen, hat die Leichenfrau dafür zu sorgen, daß Fenster und Thüren fleißig geöffnet wer- 
den, daß der Fußboden öfters mit Essig besprengt, auch Essig zum Verdampfen auf Kohlenbecken 
oder im Winter auf den Ofen gestellt, auch mit Bernstein oder Wachholderbeeren wiederholt 
geräuchert werde. 
Verhalten der ##21. Wenn die Leichenfrau bei ihren späteren Besuchen im Sterbehause bemerkt, daß 
guei bei einer Leiche, welche bereits 48 Stunden gelegen hat, die Veränderung des Körpers gar nicht 
Fäulniß. fortschreitet und namentlich die Zeichen der Fäulniß noch gar nicht oder nur undeutlich und ge- 
ring wahrgenommen werden, so hat sie für Herbeirufung eines Arztes oder Wundarztes zu 
sorgen, von welchem alsdann die Zeit der Beerdigung bestimmt werden wird. 
Sorge für dee § 22. Die Leichenfrau hat sich, um bei ihrem Geschäfte gesund zu bleiben, vor Allem der 
lee Guree Reinlichkeit ihres eigenen Körpers zu befleißigen; namentlich dann, wenn sie bei Leichen be- 
Leichenfrau. schäftigt gewesen ist, Hände und Gesicht sorgfältig zu reinigen, den Mund mit reinem Wasser 
oder etwas Salbeiaufguß auszuspülen oder auch dem Wasser zum Mundausspülen etwas Essig 
zuzusetzen. Bei der Leiche selbst ist das öftere Ausspucken anzurathen.
	        
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