Full text: Gesetz- und Verordnungsblatt für das Königreich Sachsen vom Jahre 1855. (21)

(663 ) 
115) Verordnung, 
das Auslohnen der Arbeiter in den fabrikmäßig oder als Hausindustrie betriebenen 
Gewerbszweigen betreffend; 
vom 18Sten December 1855. 
D. wiederholt bei dem Ministerium des Innern Anzeigen über Bedrückungen eingegan- 
gen sind, welche in den Fabrikgegenden die Factore und Verleger, sowie selbst einzelne 
Fabrikunternehmer dadurch sich zu Schulden kommen lassen, daß sie ihre Lohn= oder Fa- 
brikarbeiter, anstatt in baarem Gelde, ganz oder zum Theil in Lebensmitteln oder Waaren 
auslohnen, so findet das Ministerium des Innern sich veranlaßt, im Anschluß an die 
bereits veröffentlichte Verordnung Lom 2 2sten October 1849, den Betrieb des Kram- 
handels durch Holzwaarenhändler, ingleichen durch Factore und Verleger anderer Zweige 
der Hausindustrie betreffend, (Gesetz= und Verordnungsblatt vom Jahre 1849, Seite 285) 
biermit Folgendes zu verordnen: 
1. Das Auslohnen der Arbeiter in den fabrikmäßig oder als Hausindustrie betriebe- 
nen Gewerbszweigen ohne Unterschied, es mögen die gelieferten Waaren von ihnen in der 
eigenen Behausung oder in dem betreffenden Fabriketablissement selbst gefertigt werden, 
hat Seiten der Fabrikunternehmer, Factoren und Verleger anders nicht, als in baarem 
Gelde zu erfolgen. 
2. Dagegen ist das Auslohnen in Brod (Brodmarken) und sonstigen Lebensmitteln, 
sowie in anderen Waaren aller Art untersagt. 
Z. Eine Ausnahme von dem unter 2 erwähnten Verbote wird nur insofern nach- 
gelassen, als den Fabrikunternehmern, Factoren und Verlegern gestattet bleibt, den Arbei- 
tern diejenigen Materialien, welche dieselben für sie von neuem zu verarbeiten haben, an- 
statt baaren Geldes anzurechnen. 
4. Einrichtungen, welche in der Absicht getroffen werden, den Arbeitern zeitweilig die 
Beschaffung der nöthigsten Lebensmittel thunlichst zu erleichtern, fallen, unter der Voraus- 
setzung, daß hierzu jedesmal besondere obrigkeitliche Erlaubniß ertheilt worden, nicht unter 
obiges Verbot. 
5. Vorstehende Bestimmungen leiden sowohl auf die Städte, als auf das platte Land 
Anwendung und zwar auch dann, wenn die Fabrikanten, Factoren oder Verleger als ge- 
lernte Kaufleute oder auf Grund der Ortsverfassung oder besonderer Concession gleichzeitig 
zum Handel mit Lebensmitteln oder mit Material-, Schnitt= oder sonstigen Waaren be- 
rechtigt sind. 
6. Concessionen zum Dorfkram nach dem Gesetze vom 9ten October 1840 sind 
künftig an Fabrikunternehmer, Factoren oder Verleger von Fabrikartikeln irgend einer Art, 
eben so wenig wie an deren Ehegatten in keinem Falle mehr zu verleihen. 
1855. 96
	        
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