Full text: Gesetz- und Verordnungsblatt für das Königreich Sachsen vom Jahre 1862. (28)

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daß die Handlung desselben nach einem härteren Strafgesetze oder einem höheren gesetz- 
lichen Strafsatze zu beurtheilen gewesen wäre. Es soll jedoch die Wiederaufnahme nicht 
stattfinden, wenn es sich nur um die Wahl einer höheren Strafe innerhalb des gesetz- 
lichen Strafmaaßes handelt. 
Erfolgte die Einstellung oder Freisprechung, weil gar kein oder ein unrichtiger Antrag- 
steller aufgetreten war, so kann die Untersuchung wieder aufgenommen werden, wenn der 
wirklich zum Antrage Berechtigte solches verlangt oder neue Umstände sich ergeben, welche 
zeigen, daß die auf Antrag des Verletzten zur Untersuchung gezogene Handlung von amtswegen 
zu untersuchen sei. 
Außer diesen Fällen können zum Nachtheile des Angeschuldigten dieselben Thatsachen, 
welche schon Gegenstand der Verhandlung und Entscheidung waren, nicht nochmals Gegenstand 
der Verhandlung und rechtlichen Aburtheilung werden, und zwar auch dann nicht, wenn die 
That einer anderen rechtlichen Auffassung als früher geschehen, unterzogen werden könnte. 
Ebenso hat die Wiederaufnahme zum Nachtheile des Angeschuldigten nicht statt, wenn in- 
mittelst ein gesetzlicher Grund eingetreten ist, welcher die Bestrafung hindert. 
#352. Der Angeschuldigte kann im Falle seiner Verurtheilung die Wiederaufnahme der 
Untersuchung, und zwar selbst nach vollzogener Strafe, verlangen: 
1) wenn er darzuthun vermag, daß Urkunden, welche gegen ihn vorgebracht worden, falsch 
oder gefälscht gewesen, oder daß Sachverständige oder Zeugen eine falsche Aussage er- 
stattet haben, und das Erkenntniß zu seinem Nachtheile ganz oder theilweise auf jene 
Urkunden oder diese Aussagen gestützt worden ist, 
2) wenn er darzuthun vermag, daß zum Zwecke seiner Benachtheiligung ein Mitglied des 
Gerichts oder der Vertheidiger bestochen gewesen ist, 
3) wenn er neue Thatsachen oder Beweismittel beibringt, welche allein oder in Verbindung 
mit den früher erhobenen Beweisen geeignet sind, seine Freisprechung oder seine Be- 
urtheilung nach einem milderen Gesetze oder einem milderen Strafsatze, als dem ange- 
wendeten, herbeizuführen, 
4) wenn wegen derselben That zwei oder mehrere Personen durch verschiedene Erkenntnisse 
verurtheilt worden sind, und bei der Vergleichung dieser Erkenntnisse, sowie der ihnen 
unterliegenden Thatsachen die Unschuld einer oder mehrerer dieser Personen nothwendig 
anzunehmen ist. 
Ist ein Angeschuldigter durch das Enderkenntniß nur beschränkt freigesprochen worden 
(§ 274 Abs. 2), so kann er unter den vorstehend bei 1 bis mit 4 gedachten Voraussetzungen 
die Wiederaufnahme der Untersuchung behufs seiner völligen Freisprechung beantragen. 
Außer diesen Fällen kann die Wiederaufnahme des Verfahrens zu Gunsten des Ange- 
schuldigten nur in Folge besonderer Anordnung des Königs verfügt werden. Ist von dem 
28“ 
Gründe der 
Wieder- 
aufnahme zu 
Gunsten 
des Ange- 
schuldigten.
	        
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