Full text: Gesetz- und Verordnungsblatt für das Königreich Sachsen vom Jahre 1862. (28)

(203 ) 
ausgesprochen und dabei zugleich angeordnet werden, ob und welche größere, als die einfache 
Stimmenmehrheit oder, ob und für welche Fälle Stimmeneinhelligkeit zu verurtheilenden Er— 
kenntnissen erforderlich sein soll. 
Auch kann von dem Könige dem Oberbefehlshaber der Truppen die Ermächtigung ertheilt 
werden, die vorerwähnten Maaßregeln unter der in Abs. 1 gedachten Voraussetzung ein— 
treten zu lassen. # 
412. Der Oberbefehlshaber der Truppen kann von dem Könige ermächtigt werden, Ermächtigung 
die im ordentlichen Strafverfahren erkannten Strafen zu verwandeln, dieselben zu mildern oder benrblrbo. 
auch ganz zu erlassen, nicht minder, diese seine Befugnisse auf die Commandanten abgesonderter 
Truppentheile ganz oder theilweise zu übertragen. 
Standgerichtliches Verfahren im Kriege. 
413. Wenn bei den Truppen im Kriegszustande gewisse Arten von Verbrechen, ins= Standrechts- 
besondere Verrath, Meuterei und andere schwere Subordinationsverbrechen, Desertion, Plünder- gersenng. 
ung, feigherzige Flucht vor dem Feinde, in gefährlichem Grade überhand nehmen sollten oder nahme von 
dieß zu befürchten sein sollte und daher, um dem weiteren Umsichgreifen dieses Uebels zu steuern, Verbrechen. 
ein schleuniges, abschreckendes Beispiel erforderlich wird, so kann das Militärstandrecht mit der 
Wirkung angeordnet werden, daß fortan alle nach dieser Verkündigung vorkommenden derartigen 
Verbrechen durch ein Standgericht untersucht und bestraft werden sollen. 
Die Anwendung dieser Maaßregel ist jedoch an die Voraussetzungen gebunden, 
1) daß das Verbrechen sowohl, als der Thäter außer Zweifel und die wesentlichen Um- 
stände der That überhaupt so beschaffen sind, daß eine weitläufige Untersuchung vor- 
aussichtlich nicht nothwendig ist (vergl. noch § 419), 
und 
2) daß das Verbrechen von der Beschaffenheit ist, daß die Anwendbarkeit der in 6 416 
bestimmten Strafe mit Wahrscheinlichkeit zu vermuthen steht. 
#6414. Die Verkündigung des Standrechts muß unter wiederholter Signalgabe mit der Art der Ver- 
Trompete (Trommel) oder auf sonst vernehmbare Weise und unter ausdrücklicher Bezeichnung kündigung. 
des oder der Verbrechen geschehen, welche fortan standgerichtlich untersucht und bestraft werden sollen. 
Die Ausflucht der Nichtkenntniß von der erfolgten Standrechtsverkündigung findet nur inso- 
weit Beachtung, als glaubhaft gemacht werden kann, daß der Angeschuldigte der Verkündigung 
nicht beigewohnt, auch auf anderem Wege, und selbst nur gerüchtweise, keine Kunde davon erlangt habe. 
#415. Das Standrecht kann nur von dem Oberbefehlshaber oder demjenigen Befehls= Befugniß zu 
haber, welchen derselbe, sei es im Allgemeinen oder für gewisse Fälle, hierzu ermächtiget hat, — W—I 
angeordnet werden. 
Wenn jedoch die Verbindung mit dem Oberbefehlshaber abgeschnitten ist, so ist der Befehls- 
baber einer Brigade oder eines Regiments, oder jeder anderen selbstständigen Truppenabtheil- 
30r“
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.