Full text: Gesetz- und Verordnungsblatt für das Königreich Sachsen vom Jahre 1862. (28)

Standrechtliche 
Strafe. 
Sofortige 
Standrechts- 
verkündigung. 
Dauer der 
Wirksamkeit 
der Stand- 
rechtsverkün- 
digung. 
Besondere Be- 
stimmungen. 
( 204 ) 
ung, ingleichen der Commandant einer Festung oder eines befestigten Platzes, auch ohne be- 
sondere Ermächtigung zur Anordnung des Standrechts befugt. 
416. Die einzige Strafe, auf welche das Standgericht erkennen kann, ist die Todesstrafe. 
6é 417. Im Falle eines unter den Truppen ausbrechenden Aufstandes steht dem Ober- 
befehlshaber, oder wer sonst nach § 415 hierzu ermächtiget ist, das Befugniß zu, das Stand- 
recht sofort verkündigen zu lassen. 
Die Verkündigung muß in der § 414 vorgeschriebenen Weise geschehen und die Androh- 
ung enthalten, daß Jeder, welcher dem an ihn ergehenden Aufrufe nicht augenblicklich Gehorsam 
leiste, standrechtlich gerichtet und mit dem Tode bestraft werden solle. 
Die Wirkung der Standrechtsverkündigung ist, daß Jeder, welcher im Ungehorsam beharrt 
und dem an ihn ergangenen Aufrufe nicht Folge leistet, die Todesstrafe verwirkt hat, in wel- 
chem Grade er auch sonst an dem Aufstande Theil genommen haben mag, unbeschadet übrigens 
der von Anderen, welche nicht namentlich oder sonst persönlich aufgerufen worden, nach Ver- 
hältniß ihrer Theilnahme verwirkten gesetzlichen Strafe. 
418. Die Rechtsgültigkeit der in den vorstehenden Paragraphen gedachten Maaßregel 
hört in den Fällen von S 413 mit dem Ablaufe von vier Wochen, dagegen in dem Falle von 
417 mit dem Ablaufe von vierundzwanzig Stunden auf. 
In beiden Fällen jedoch kann die Wirksamkeit, sofern die Veranlassung noch fortdauert, 
auf weitere vier Wochen, beziehendlich vierundzwanzig Stunden durch erneuerte Verkündigung 
verlängert werden. 
419. Als wesentliche Abweichungen des standgerichtlichen Verfahrens von dem ordent- 
lichen militärgerichtlichen Strafverfahren gelten folgende: 
1) das Standgericht kann an Sonn= und Feiertagen, zu jeder Stunde und an jedem Orte, 
und soll, soweit die Umstände es zulassen, öffentlich und unter freiem Himmel abge- 
halten werden; 
2) die ganze Verhandlung, mithin, außer der Vernehmung des Angeschuldigten, auch die 
Abhörung der Zeugen, deren Gegenüberstellung mit dem Angeschuldigten u. s. w., ge- 
schieht vor versammeltem Gerichte und ohne Unterbrechung; 
3) das Verfahren beschränkt sich gegen den Angeschuldigten auf das oder diejenigen Ver- 
brechen, wegen deren das Standrecht angeordnet worden ist, und diejenigen wesentlichen 
Umstände der That, von denen das standgerichtliche Erkenntniß abhängen kann; 
4) die Verhandlung hat sich, ohne an die Förmlichkeiten des ordentlichen Verfahrens ge- 
bunden zu sein, auf das zu Aufklärung der Sache und zu Begründung voller richter- 
licher Ueberzeugung wesentlich Nöthige, sowie auf die vom Angeschuldigten zu führende 
Vertheidigung zu beschränken;
	        
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