Full text: Gesetz- und Verordnungsblatt für das Königreich Sachsen vom Jahre 1862. (28)

Bekanntmach— 
ung und Voll— 
streckung des 
Erkenntnisses. 
Standgericht 
über Civil— 
personen. 
Allgemeine 
Bestimmung. 
(206 ) 
In derselben Maaße ist zu verfahren, wenn nach der Ueberzeugung der Richter der zur 
Verurtheilung erforderliche Grad von Gewißheit nicht binnen vierundzwanzig Stunden erlangt 
werden konnte. 
8 424. Das standgerichtliche Erkenntniß ist nebst der hinzugebrachten Entschließung des 
Befehlshabers dem Angeschuldigten sofort und, soweit möglich, im Beisein der Mitglieder des 
Standgerichts, bekannt zu machen. 
Rechtsmittel finden dagegen nicht statt, vielmehr hat im Falle der Verurtheilung die Straf- 
vollstreckung unaufhältlich, beziehendlich nach kurzer Todesvorbereitung, zu erfolgen. 
Nach der Vollziehung des standgerichtlichen Erkenntnisses ist dasselbe nebst den übrigen 
bezüglichen Verhandlungen an das Kriegsministerium einzusenden. 
Ist in den Fällen von § 423 die Einleitung des ordentlichen Strafverfahrens angeordnet 
worden, so hat das in der Sache erkennende Gericht dann lediglich die einschlagenden strafgesetz- 
lichen Bestimmungen in Anwendung zu bringen. 
425. Wenn im Kriegszustande die Sicherheit der Truppen oder der zu ihnen gehören- 
den Personen durch vorgekommene verrätherische Handlungen der Landeseinwohner bedroht ist, 
so kann der Oberbefehlshaber das Standrecht auch über Civilpersonen — Martialgesetz — 
unter Bezeichnung der als standrechtliche Verbrechen zu betrachtenden Handlungen und unter 
ausdrücklicher Androhung der dafür verwirkten Strafen, verkündigen. 
Sobald dieses geschehen ist, sind die Zuwiderhandelnden vor ein, für den einzelnen Fall 
niederzusetzendes oder nach § 427 für bleibend erklärtes Militärstandgericht zu stellen und ist 
solchenfalls nach Maaßgabe der Bestimmungen von § 426 verb. § 413 fg., soweit diese Vor- 
schriften hierbei Anwendung leiden, zu verfahren. 
Die vorstehenden Bestimmungen leiden jedoch nur Anwendung, insoweit nicht die Bundes- 
kriegsverfassung oder andere bundesrechtliche Bestimmungen für gewisse Verhältnisse besondere 
Anordnungen enthalten. 
Standgerichtliches Verfahren außerhalb des Kriegsfalles. 
426. Wenn, außer dem Falle eines wirklichen Krieges, im Inlande eine Kriegsstands- 
erklärung nach § 13 fg. des Gesetzes, das Verfahren bei Störungen der öffentlichen Ruhe und 
Sicherheit betreffend, vom 10ten Mai 1851, eingetreten und von dem Oberbefehlshaber das 
Standrecht verkündigt worden ist, so sind, falls in dessen Folge gegen Militärgerichtsbefohlene 
wegen Zuwiderhandlungen der in dem angezogenen Paragraphen gedachten Art standrechtlich 
zu verfahren ist, hierbei die im Vorstehenden enthaltenen Bestimmungen des gegenwärtigen 
Gesetzes, jedoch mit der Abweichung in Anwendung zu bringen, daß, wenn die in der Stand- 
rechtsverkündigung angedrohte Strafe nicht in der Todesstrafe bestehen soll, dann auch von dem 
Militärstandgerichte nicht auf die letztere, sondern nur auf die sonst angedrohte Strafe erkannt 
werden darf.
	        
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