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48) Verordnung,
den Religionseid betreffend,
vom 1Sten Mai 1862.
Du die Kirchenordnung, welche der letzten Ständeversammlung vorgelegt wurde, war unter
Anderen auch die schon längst als nothwendig erkannte anderweite Feststellung des Religions-
eides vorgesehen. Bei den Berathungen derselben in der ersten Kammer, wie auch in dem
Berichte der außerordentlichen Deputation der zweiten Kammer ist die Zweckmäßigkeit der der
Kirchenordnung beigefügten Formulare und deren Vorzüglichkeit im Vergleich mit den jetzt
üblichen Formularen erklärt worden. Es schien daher nicht angemessen, blos deshalb, weil bis
jetzt zu einer Verabschiedung der Kirchenordnung nicht zu gelangen gewesen, die Regulirung
dieser ernsten Angelegenheit noch länger aufzuschieben. Denn nicht nur, daß hin und wieder
eine verschiedenartige Behandlung derartiger Verpflichtungen stattgefunden hat, so hat namentlich
die im bisherigen Religionseide der Kirchendiener und Kirchenbeamten enthaltene Verpflichtung
zur Anzeige fremder gegen die Kirche gerichteter Bestrebungen bisher nicht ohne Grund viel-
fachen Anstoß erregt. Und wie sich einerseits eine positive Zusicherung der Aufrechthaltung der
Lehre der evangelisch lutherischen Kirche mehr empfiehlt, als das in der bisherigen Formel
enthaltene Versprechen: „wider Aufrechthaltung der reinen evangelischen Lehre weder insgeheim
noch öffentlich etwas zu unternehmen“ und in dem von den in Evangelicis beauftragten
Staatsministern zu leistenden Eide die keiner Mißdeutung unterworfene Beziehung auf die
heilige Schrift und auf die symbolischen Bücher als angemessen sich darstellt, so mußte es
andererseits auch als zweckmäßig angesehen werden, daß die Verpflichtung zur Anzeige, wenn
der Schwörende sich bewogen finden sollte, sich zu einer anderen Confession zu bekennen, in
alle zur Anwendung gelangende Formulare, wie jetzt allerdings nicht der Fall ist, aufgenommen
werde.
Es wird daher im Einverständnisse mit den in Evangelicis beauftragten Staatsministern
und nachdem zuvor auch das evangelische Landesconsistorium sein volles Einverständniß damit
erklärt hat, Folgendes andurch verordnet:
& 1. Die zeither gebrauchten Formulare für die Abnahme des Religionseides haben
fernerhin nicht weiter in Anwendung zu kommen.
& 2. Die in Evangelicis beauftragten Staatsminister, die Mitglieder des Cultus-
ministeriums (mit Ausnahme des katholischen Beisitzers), der Präsident des evangelischen Landes-
consistoriums, die Directoren und diejenigen Mitglieder der Kreisdirectionen, welche fortdauernd
oder auch nur vorübergehend mit evangelisch-lutherischen Kirchen= und Schulsachen beschäftigt wer-
den, der Director und die Beisitzer des Consistoriums zu Glauchau, ingleichen die Secretäre bei
diesen Behörden (die Secretäre der Kreisdirectionen jedoch nur, wenn sie evangelisch-lutherische
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