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610. Der Nießbraucher ist verbunden, die dienende Sache, soweit es bei Ausübung
seines Rechtes möglich ist, ungeschmälert und in gutem Zustande zu erhalten und bei ihrer Be-
nutzung als ordentlicher, aufmerksamer Hausvater zu verfahren.
& 611. Der Nießbraucher darf wesentliche Aenderungen mit der Sache nicht vornehmen,
wenn sie nicht durch den Zweck ordnungsmäßiger, der Bestimmung der Sache entsprechender
Benutzung gerechtfertigt werden. Er darf weder Gebäude in ein Landgrundstück, noch umge-
kehrt, verwandeln. Seoweit es zur ordnungsmäßigen Benutzung des dienenden Grundstücks
erforderlich ist, kann er, wenn der Eigenthümer dieß nicht thun will, neue Gebäude errichten,
auch abgebrannte oder untergegangene Gebäude wieder aufbauen. Besteht der Nießbrauch blos
an einem Gebände, so darf der Nießbraucher dasselbe weder vollenden, wenn es bei Entstehung
des Nießbrauches unvollendet ist, noch wieder aufbauen, wenn es während der Dauer des
Nießbrauches abbrennt, oder sonst untergeht.
612. Der Nießbraucher ist verpflichtet, die Sache zu bewahren, bei deren Benutzung
auch für geringe Fahrlässigkeit einzustehen und auf seine Kosten Alles zu leisten, was zu deren
Erhaltung erforderlich ist. Er hat bei Gebäuden die gewöhnlichen Ausbesserungen zeitig vor-
zunehmen, bei Thieren die Fütterung und gebräuchliche Pflege zu bestreiten, bei landwirth--
schaftlichen Grundstücken die Zubehörungen in gehörigem Stande und vollständig zu erhalten,
bei Waldungen, Gehölzen, Baumanlagen und Weinbergen durch wirthschaftliches Nachpflanzen
den Bestand zu erhalten, bei Heerden die abgegangenen Stücke aus den Jungen zu ergänzen.
Er trägt alle Lasten der Sache und haftet für die laufenden Zinsen der zur Zeit der Entsteh-
ung seines Nießbrauches in das Hypothekenbuch eingetragenen Forderungen. Er hat dafür Sorge
zu tragen, daß die Sache von einem Dritten nicht ersessen wird, an derselben keine Dienstbar-
keiten durch Ersitzung entstehen und die derselben zukommenden Rechte nicht verjähren. Maßen
sich Dritte Rechte an der Sache an, so hat er dem Eigenthümer zeitig Anzeige davon zu machen.
&613. Dem Eigenthümer der Sache steht schon während der Dauer des Nießbrauches
eine Klage wider den Nießbraucher auf Erfüllung der dem letzteren obliegenden Verbindlich-
keiten und auf Schadenersatz zu.
&614. Nach Erlöschung des Nießbrauches hat der Nießbraucher die Sache nebst Zube-
hörungen, Zuwachs und Früchten, soweit ihm die letzteren nicht nach § 76 gehören, an den
Eigenthümer herauszugeben, und wegen verschuldeten Untergangs oder verschuldeter Verschlechter-
ung der Sache und ordnungswidriger Ziehung der Früchte Ersatz zu leisten.
* 615. Bei gefallenen Thieren gewährt der Nießbraucher, wenn er nicht wegen Ver-
schuldung zum Ersatze des Werthes gehalten ist, oder die Bestimmungen wegen Ergänzung
einer Heerde im § 612 eintreten, blos den Nutzen, welcher von dem gefallenen Stücke zu
ziehen ist.