Full text: Gesetz- und Verordnungsblatt für das Königreich Sachsen vom Jahre 1863. (29)

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bei der vorbehaltenen besonderen Form bestimmt werden sollen. Erfolgt über die Nebenpunkte 
keine Vereinigung, so sind sie nach den gesetzlichen Bestimmungen über die Natur des vor- 
liegenden Geschäfts und wo diese nicht entscheiden, nach richterlichem Ermessen festzustellen. 
8. Scheinverträge. 
g 828. Haben die Betheiligten bei einem der äußeren Erscheinung nach vorliegenden 
Vertrage die Eingehung eines solchen nicht gewollt, sondern die Vertragshandlung blos zum 
Scheine vorgenommen, so ist die letztere nichtig. 
f 829. Wird ein Vertrag unter der äußeren Erscheinung eines anderen Vertrages ein- 
gegangen, so ist das Geschäft nach den Vorschriften über den beabsichtigten Vertrag zu beurtheilen. 
9. Zwang, Betrug und Irrthum bei Verträgen. 
830. Ein durch körperliche Ueberwältigung abgezwungener Vertrag ist nichtig. 
8 831. Wer durch widerrechtlich erregte gegründete Furcht zu Eingehung eines Vertrages 
genöthigt worden ist, kann bei dem Vertrage stehen bleiben oder denselben anfechten. 
32. Ist ein Vertrag durch körperliche Ueberwältigung oder Erregung von Furcht 
herbeigeführt worden, so ist es gleich, ob die Ueberwältigung oder Erregung der Furcht von 
dem Anderen, mit welchem der Vertrag geschlossen worden, oder von einem Dritten aus- 
gegangen ist. 
33. Wird eine der vertragschließenden Personen von der anderen zur Eingehung des 
Vertrages durch Betrug vermocht, so kann sie bei dem Vertrage stehen bleiben oder denselben 
anfechten. Der Betrug eines Dritten giebt dem Betrogenen kein Recht zu Anfechtung des 
Vertrages auf Grund des Betruges, ausgenommen wenn der andere Theil bei Eingehung des 
Vertrages um den Betrug des Dritten gewußt hat. 
bM34. Bezieht sich die körperliche Ueberwältigung, die Furcht oder der Betrug auf 
Nebenpunkte, welche für die Eingehung des Vertrages unwesentlich sind, so findet nur ein 
Recht auf Schadenersatz statt. 
835. Als Betrug gilt die Erzeugung eines Irrthumes durch Täuschung, ingleichen 
die Benutzung eines schon vorhandenen Irrthumes, vorausgesetzt in beiden Fällen, daß Wahr- 
heit und Aufklärung über das Verhältniß, rücksichtlich dessen geirrt wurde, nach Treu und 
Glauben zu erwarten war. Allgemeine Betheuerungen oder Versicherungen und sonstige Mittel, 
durch welche zu Eingehung von Verträgen aufgefordert wird, ohne daß denselben im Verkehre 
ein besonderer Glaube geschenkt zu werden pflegt, enthalten keinen Betrug. 
836. Wegen des durch Betrug veranlaßten Irrthumes findet die bei dem letzteren 
bestehende Rechtshülfe statt, selbst wenn auf Grund des Betruges keine Rechtshülfe gegen 
Denjenigen begründet ist, mit welchem der Vertrag eingegangen wurde.
	        
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