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855. Bis zu der Zeit, wo der Dritte oder dessen Rechtsnachfolger ein selbstständiges
Recht aus dem Vertrage erlangt haben, kann Derjenige, welchem die Leistung an den Dritten
versprochen wurde, den Anderen von der übernommenen Verbindlichkeit befreien.
856. Einen Verzicht des Dritten oder seiner Rechtsnachfolger auf die versprochene
Leistung muß Derjenige, welchem zu Gunsten des Dritten Etwas versprochen ist, gegen sich
gelten lassen.
857. Bezieht sich ein Vertrag auf ein Grundstück, so berechtigt und verpflichtet der-
selbe Diejenigen nicht, welche, ohne Rechtsnachfolger der vertragschließenden Personen zu sein,
das Grundstück erwerben, ausgenommen wenn unmittelbar durch den Vertrag Rechte an der
Sache begründet worden sind, oder wenn es sich um Rechte handelt, welche sich zur Eintragung
in das Grundbuch eignen und wirklich eingetragen worden sind.
11. Erfüllung der Verträge.
858. Die Erfüllung eines Vertrages hat Dasjenige zu umfassen, was nach der beson-
deren Verabredung der Betheiligten, nach den gesetzlichen Vorschriften über den in Frage
stehenden Vertrag und überhaupt nach Treu und Glauben und nach der Handlungsweise eines
redlichen Mannes zu leisten ist.
*859. Wer bei einem gegenseitigen Vertrage von dem Anderen Erfüllung des Ver-
trages fordert, muß auch seinerseits erfüllt haben oder zur Erfüllung bereit sein, ausgenommen
wenn das Vorausgehen der Erfüllung des Anderen verabredet ist, oder in der Natur des
Geschäfts liegt. ·
8860KanndieErfüllungeinesgegenseitigenVertragcsnurgefordertwerden,wenn
Derjenige, welcher die Erfüllung verlangt, auch seinerseits erfüllt hat oder zur Erfüllung bereit
ist, so braucht der Kläger sich in der Klage nicht darauf zu beziehen, daß er erfüllt habe oder
zur Erfüllung bereit sei. Er kann abwarten, daß der Beklagte eine hierauf gerichtete Einrede
entgegensetzt.
861. Die Erfüllung eines Vertrages ist von Demjenigen zu beweisen, welcher behauptet,
daß er den Vertrag erfüllt habe.
862. Wird behauptet, daß bei mehreren Leistungen nicht alle, bei Leistungen aus einer
Gattung nicht der verabredete Betrag geleistet worden sei, so trifft die Beweislast nicht den
Behauptenden, sondern der Gegner hat zu beweisen, daß er vollständig erfüllt habe.
#863. Wer im Falle einer Leistung einzelner Sachen oder einer Gesammtsache be-
hauptet, daß die Leistung mangelhaft oder unvollständig geschehen sei, hat den Beweis seiner
Behauptung zu führen, wenn er vor oder bei der Leistung die Beschaffenheit des Vertrags-
gegenstandes untersuchen konnte und keinen Vorbehalt wegen Mangelhaftigkeit oder Unvoll-
ständigkeit gemacht hat. Im entgegengesetzten Falle trifft den Gegner die Beweislast.