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&864. Man kann nicht einseitig von einem Vertrage zurücktreten und dessen Erfüllung
verweigern, weil der Gegner noch nicht erfüllt hat, oder die Umstände, unter welchen der Ver—
trag geschlossen worden ist, sich geändert haben, oder Leistung und Gegenleistung in einem
Mißverhältnisse zu einander stehen, ausgenommen wenn eine besondere Verabredung oder ge—
setzliche Bestimmung dazu berechtigt.
6 865. Ist ein Vertrag nach seinem Inhalte oder nach der aus den Verhältnissen, na-
mentlich aus der Beschaffenheit des Gegenstandes, zu entnehmenden Absicht der Vertrags-
schließenden darauf gerichtet, daß die Leistung zu einer bestimmten Zeit, weder früher noch
später, oder bis zu einer bestimmten Zeit und nicht später erfolgen soll, so giebt die Nicht-
erfüllung des Vertrages zur bestimmten Zeit dem anderen Theile das Recht, von dem Vertrage
zurückzutreten und das etwa Geleistete zurückzufordern.
12. Uebergang der Gefahr.
6# 866. Bei Verträgen, welche auf Veräußerung einer dem Stücke nach bestimmten
Sache gehen, hat der auf die Leistung der Sache Berechtigte den Zufall, welcher die Leistung
unmöglich macht, die Gefahr, von Zeit des Vertragsabschlusses an zu tragen, sofern nicht be-
sondere Gründe die Annahme des Gegentheiles rechtfertigen. Dasselbe gilt, wenn die Sache
durch Zufall verschlechtert worden ist.
867. Sollen Sachen aus einer Gattung überlassen werden und bedürfen die einzelnen
Sachen einer Ausscheidung aus der Gattung durch Zuzählung, Zumessung, Zuwiegung oder
sonst, so trägt der Berechtigte den Zufall erst von Zeit der in Gemäßheit des Vertrages er-
folgten Ausscheidung an.
868. Derjenige, welcher die Sache erwerben soll, ist eines von ihm zu tragenden
Zufalles ungeachtet zur vertragsmäßigen Gegenleistung ohne Minderung verpflichtet.
#869. Von der Zeit an, wo Derjenige, welcher die Sache erwerben soll, den Zufall
trägt, treffen ihn die Lasten der Sache, es gebühren ihm aber auch die Vortheile derselben,
welche sonst dem Eigenthümer zukommen, insbesondere der Zuwachs, natürliche Früchte, welche
zu jener Zeit noch nicht getrennt sind, und bürgerliche Früchte, welche nach dieser Zeit fällig werden.
70. Ist der Gebrauch einer Sache gegen eine Gegenleistung überlassen, eder sind
persönliche Leistungen gegen eine Gegenleistung versprochen worden, und wird Demzenigen,
welcher den Gebrauch der Sache oder die persönliche Leistung versprochen hat, die Leistung un-
möglich, so wird der andere Theil von der Gegenleistung frei. Kann Derjenige, welchem der
Gebrauch der Sache oder die persönliche Leistung versprochen worden ist, wegen eines in seiner
Person eingetretenen Zufalles, die Sache oder die Dienste nicht gebrauchen, so hat er dessen-
ungeachtet die Gegenleistung zu entrichten.
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