Full text: Gesetz- und Verordnungsblatt für das Königreich Sachsen vom Jahre 1863. (29)

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Zweiter Abschnitt. 
Eingehung der Ehe. 
* 1588. Die Ehe wird eingegangen durch die gegenseitige Erklärung der Einwilligung 
in die Ehe unter Beobachtung der Form, die den Grundsätzen der Kirchen- und Religions— 
gesellschaften entspricht, welchen die Ehegatten angehören. 
*159. Personen männlichen Geschlechtes sollen vor erlangter Volljährigkeit und Per- 
sonen weiblichen Geschlechtes vor erfülltem sechszehnten Lebensjahre eine Ehe nicht eingehen. 
Vor Erreichung dieser Altersstufe kann die Eingehung der Ehe in Folge von Nachsichtsertheilung 
durch die zuständige Behörde stattfinden. 
*1590. Personen, welche eine Ehe geschlossen haben, können Lor Beendigung der- 
selben keine anderweite Ehe eingehen. 
*1591. Ist eine Ehe zwischen Ehegatten evangelischen Glaubens, oder eine Ehe zwischen 
Ehegatten, von welchen der eine evangelischen, der andere katholischen Glaubens ist, aus einem 
Grunde, der nach den Grundsätzen der katholischen Kirche nicht als solcher gilt, in Folge 
Anfechtung aufgehoben oder geschieden worden, so kann eine Person katholischen Glaubens mit 
einem der geschiedenen Ehegatten während der Lebenszeit des anderen eine Ehe nicht eingehen. 
*1592. Personen, welche des Vernunftgebrauches beraubt sind, können eine Ehe nicht 
schließen. 
* 1593. Eine durch körperliche Ueberwältigung oder Erregung einer gegründeten Furcht 
abgenöthigte Einwilligung zur Ebe hat keine Kraft, die Nöthigung mag von dem anderen Theile 
oder von einem Dritten ausgegangen sein. Ob die Furcht eine gegründete sei, ist nach 6 94 
zu beurtheilen. Ehrerbietige Scheu vor Eltern, Großeltern oder Vorgesetzten ist nicht als ge- 
gründete Furcht zu betrachten. 
*1594. Entführung ist ein Hinderniß der Ebe, wenn nach 6 1593 anzunehmen ist, 
daß die Einwilligung zur Ehe keine Kraft habe. 
*1595. Irrthum schließt die Einwilligung zur Ehe aus, wenn eine Verwechselung in 
der Person stattgefunden hat, oder wenn der eine Ehegatte erst nach Eingehung der Ehe erfährt, 
daß der andere Ehegatte schon vor der Ehe unheilbar geistig krank oder unheilbar unfähig zum 
Beischlafe gewesen, gleichviel ob die Unfähigkeit eine allgemeine ist, oder ob sie blos in Bezug 
auf den anderen Ehegatten stattfindet, oder daß der andere Ehegatte schon vor der Ehe an 
solchen unheilbaren körperlichen Gebrechen gelitten, welche die Geschlechtsvereinigung hindern 
oder den natürlichen Trieb dazu unterdrücken, wohin namentlich unheilbare ekelhafte oder 
unheilbare ansteckende Krankheiten gehören, oder daß er widernatürliche Unzucht mit einem 
Menschen oder mit einem Thiere getrieben, oder daß er sich eines Verbrechens schuldig gemacht 
hat, welches von der Beschaffenheit ist, daß anzunehmen steht, der Irrende würde den Anderen 
nicht geheirathet haben, wenn er das Verbrechen gekannt hätte, oder wenn der Ehemann erst
	        
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