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nach Eingehung der Ehe erfährt, daß die Ehefrau schon vor derselben einen unheilbaren über-
mäßigen Geschlechtstrieb gehabt hat.
1596. Ein Ehegatte befindet sich auch dann in einem seine Einwilligung ausschlie-
ßenden Irrthume, wenn er erst nach Eingehung der Ehe erfährt, daß der andere Ehegatte nach
dem vorhergegangenen Verlöbnisse eine unzüchtige Handlung begangen hat, wegen deren Ehe-
scheidung verlangt werden könnte, oder wenn ein Ehemann erst nach Eingehung der Ehe in
Erfahrung bringt, daß seine Ehefrau vor Eingehung der Ehe außerehelich geboren hat oder bei
deren Eingehung von einem Anderen schwanger gewesen ist.
*1597. Wegen Betruges kann eine Ehe angefochten werden, wenn der eine Chegatte
zu Eingehung der Ehe durch Täuschung des anderen Theiles über Umstände vermocht worden
ist, welche ihn, wenn er dieselben gekannt hätte, bei vernünftiger Ueberlegung von der Ein-
Hehung der Ehe hätten abhalten müssen.
*1598. Ist der Betrug von einem Dritten verübt, so findet eine Anfechtung der Ehe
nur statt, wenn der andere Ehegatte um den Betrug gewußt hat.
*1599. Bevormundete sollen ohne Einwilligung ihrer Vormünder eine Ehe nicht
schließen.
*1600. Eine Ehe soll nicht ohne Einwilligung der Personen eingegangen werden,
deren Einwilligung zum Verlöbnisse erforderlich ist. Die Einwilligung zum Verlöbnisse gilt
auch als Einwilligung zur Ehe.
* 1601. Die Einwilligung zur Ehe kann nicht widerrufen werden, ausgenommen wenn
die zu derselben Berechtigten von dem Grunde zur Verweigerung ihrer Einwilligung erst spater
Kenntniß erlangt haben.
* 1602. Die Einwilligung kann nur aus erheblichen Gründen verweigert und in er.
mangelung solcher von dem zuständigen Gerichte ergänzt werden.
*1603. Erhebliche Gründe zur Verweigerung der Einwilligung sind alle diejenigen,
aus welchen die Besorgniß entsteht, daß die Ehe eine unglückliche sein werde. Solche Gründe
sind insbesondere, wenn die Personen, welche sich ehelichen wollen, im Alter zu sehr verschieden
sind, oder den nöthigen Unterhalt nicht haben, auch nicht verdienen können, ferner wenn der
andere Theil ein unsittliches Leben führt, oder Verbrechen sich hat zu Schulden kommen lassen,
oder mit einer den Ehezweck störenden oder leicht auf die Nachkommenschaft übergehenden kör-
perlichen oder mit einer geistigen Krankheit behaftet ist, oder die Personen, deren Einwilligung
der Theil bedarf, mit welchem er sich verehelichen will, durch grobe Beschimpfungen oder Thät-
lichkeiten beleidigt, oder deren Einwilligung durch Entführung oder durch andere unerlaubte
Mittel zu erlangen versucht hat.
*1604. Vormünder und deren Kinder sollen mit dem Pflegbefohlenen oder dessen
Kindern eine Ehe ohne Genehmigung des Vormundschaftsgerichtes nicht eingehen.