Full text: Gesetz- und Verordnungsblatt für das Königreich Sachsen vom Jahre 1863. (29)

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1738. Wird die Verzeihung an Bedingungen und Vorbehalte geknüpft, so findet die 
Vorschrift im § 1721 Anwendung. 
*1739. Das Recht, auf Scheidung wegen Lebensnachstellungen und Mißhandlungen 
zu klagen, ist ausgeschlossen, wenn der unschuldige Ehegatte nach erlangter Kenntniß davon 
nicht innerhalb eines Jahres auf Scheidung klagt, oder wenn von der Zeit an, zu welcher die 
Lebensnachstellungen und Mißhandlungen vorgefallen, fünfzehn Jahre verflossen sind. 
1740. Hat ein Ehegatte sich eines vorsätzlichen Verbrechens oder mehrerer Verbrechen, 
unter welchen wenigstens ein vorsätzliches ist, schuldig gemacht, weshalb er zu einer Freiheits- 
strafe von wenigstens drei Jahren verurtheilt worden ist, so kann der andere Ehegatte, voraus- 
gesetzt, daß er sich bei Begehung des Verbrechens oder eines der mehreren Verbrechen nicht 
selbst betheiligt hat, Scheidung verlangen. Unter gleicher Voraussetzung ist ein Ehegatte auch 
dann auf Scheidung anzutragen berechtigt, wenn der andere Ehegatte während der Ehe wieder- 
holt wegen vorsätzlicher Verbrechen in Untersuchung kommt und die Freiheitsstrafen, in die er 
deshalb verurtheilt worden ist, zusammen die Dauer von drei Jahren erreichen. 
§1741. Hat der unschuldige Ehegatte in diesen Fällen ausdrücklich oder stillschweigend 
verziehen, so fällt sein Recht, Scheidung zu verlangen, weg. # 
1742. Eine Ehefrau kann Scheidung fordern, wenn sich aus einer ärztlichen Unter- 
suchung ergiebt, daß wegen eines unheilbaren Gebrechens, an welchem sie leidet, aus der Aus- 
übung des Beischlafes für sie Lebensgefahr entsteht. 
1743. Wegen Geisteskrankheit, in welche ein Ehegatte während der Ehe verfällt, 
kann der andere Ehegatte Scheidung verlangen, wenn auf Grund einer in einer Landesanstalt 
stattgefundenen dreijährigen Beobachtung des erkrankten Ehegatten von den Anstaltsärzten be- 
zeugt wird, daß die Geisteskrankheit eine unheilbare ist. 
1744. Tritt ein Ehegatte zu einer anderen Religion über, so kann der andere Ehe- 
gatte Scheidung verlangen. Ausdrückliche und stillschweigende Verzeihung schließt das Recht, 
die Scheidung aus diesem Grunde zu verlangen, aus. Eine stillschweigende Verzeihung ist 
nur anzunehmen, wenn der Ehegatte, welcher zu dem Antrage auf Scheidung berechtigt ist, 
nach erlangter Kenntniß von dem Scheidungsgrunde ein Jahr lang den Antrag auf Scheidung 
zu stellen unterläßt. Bloser Confessionswechsel giebt keinen Grund zur Scheidung. 
§ 1745. Wird eine Ehe aus einem der in §# 1713, 1728, 1731, 1733, 1734, 
1735, 1736, 1740 angegebenen Gründe geschieden, so ist dem schuldigen Ehegatten die 
anderweite Verehelichung im Scheidungserkenntnisse nicht nachzulassen. 
§* 1746. Durch Scheidung der Ehe werden, von der Rechtskraft des dieselbe aus- 
sprechenden Erkenntnisses an, die rechtlichen Wirkungen der Ehe aufgehoben. 
&1747. Wollen die geschiedenen Ehegatten die geschiedene Ehe wieder herstellen, so 
bedarf es der Wiederholung der zu Eingehung einer Ehe erforderlichen Form. Einer noch-
	        
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