(220 )
1881. Das Vormundschaftsgericht ist berechtigt, Personen, welche ohne ausreichenden
Grund die Uebernahme, der Vormundschaft verweigern oder ihren Pflichten als Vormünder
zuwiderhandeln, mit Geldstrafen bis zu fünfzig Thalern oder im Falle der Vermögenslosigkeit
mit Gefängniß bis zu vierzehn Tagen zu belegen, auf ihre Gefahr und Kosten die Vormund-
schaft einstweilen einem Anderen zu übertragen oder auch ihre gänzliche Entfernung anzuordnen.
1882. Bei wichtigen Angelegenheiten kann das Vormundschaftsgericht nach seinem
Ermessen im Inlande wohnende Verwandte und Verschwägerte des Bevormundeten zu Rathe
ziehen. Diese dürfen den Rath nicht ohne erhebliche Gründe verweigern, können aber Ersatz
des durch Ertheilung des Rathes entstandenen Aufwandes fordern.
#1883. Wer in väterlicher Gewalt steht, oder bereits einen Vormund hat, erhält nur
in den gesetzlich bestimmten Fällen einen besonderen Vormund.
II. Bestellung der Vormünder.
1884. Für die Bestellung des Vormundes hat das Vormundschaftsgericht amtswegen
zu sorgen. In der Regel ist für einen Minderjährigen blos ein Vormund zu bestellen.
*1885. Unfähig zur Vormundschaft sind: 1) Frauenspersonen, mit Ausnahme der
Mutter und der Großmütter des Minderjährigen, 2) Diejenigen, welche das fünfundzwanzigste
Lebensjahr noch nicht erfüllt haben, 3) Diejenigen, welche selbst eines Vormundes bedürfen,
4) Ehemänner für ihre Eheweiber, 5) Stiefväter für ihre Stiefkinder.
1886. Bei Bestellung der Vormünder hat das Vormundschaftsgericht auf die von
den Eltern des zu Bevormundenden in Ebestiftungen, letzten Willen oder sonst getroffenen An-
ordnungen, sowohl was die Person als was die Zahl der Vormünder betrifft, soweit nicht ein
Bedenken entgegensteht, Rücksicht zu nehmen. Die Anordnunzgen des Vaters haben den Vor-
zug vor den Anordnungen der Mutter.
*188 7,. Haben Eltern bestimmte Personen von der Führung der Vormungschaft über
ihre Kinder ausgeschlossen, so können diefe Personen nicht zu Vormündern bestellt werden.
*1888. Haben Eltern einen Gläubiger oder einen Schuldner ihres Kindes zu dessen
Vormunde berufen, so ist wegen dieses Schuldverhältnisses ein besonderer Vormund zu bestellen.
* 1889. Die Berufung eines Vormundes durch andere Personen, als durch die Eltern,
ist, sofern nicht ein Bedenken entgegensteht, in Ansehung des von diesen Personen herrührenden
Vermögens zu berücksichtigen.
*1890. In Ermangelung einer Anordnung über die Berufung zur Vormundschaft
sind die Verwandten des zu Bevormundenden in der Reihenfolge, wie sie zur gesetzlichen Erb-
folge berufen sind, zu Vormündern zu bestellen, sofern gegen deren Bestellung kein Bedenken
vorliegt. Unter mehreren gleich nahen Verwandten wählt das Vormundschaftsgericht den
geeigneten. .