Full text: Gesetz- und Verordnungsblatt für das Königreich Sachsen vom Jahre 1863. (29)

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welchem Stoffe und in welcher Schrift oder Sprache der letzte Wille geschrieben ist, doch ist 
Zeichenschrift ausgeschlossen. Der Mangel der Unterschrift und der Angabe des Ortes, des 
Jahres und Tages schadet der Gültigkeit des letzten Willens nicht. Die letztwillige Ur- 
kunde muß, ohne Unterschied, ob sie versiegelt oder unversiegelt übergeben worden ist, mit dem 
Gerichtssiegel verschlossen werden. 
* 2097. Der Erblasser hat bei der Uebergabe seines letzten Willens bei dem Gerichte 
zu erklären, daß in der Urkunde, welche er übergiebt, sein letzter Wille enthalten sei. Das 
Gericht hat über diese Erklärung des Erblassers und darüber, daß der letzte Wille von dem- 
selben persönlich übergeben und das Gerichtssiegel aufgedrückt worden, ein Protocoll aufzunehmen. 
* 2098. Uebergiebt ein Stummer seinen letzten Willen dem Gerichte, so muß er in 
Gegenwart des Gerichtes entweder eigenhändig schreiben, daß die Urkunde, welche er übergiebt, 
seinen letzten Willen enthalte, oder durch eine mit ihm vor Gericht anwesende, im Allgemeinen 
verpflichtete oder zu dieser Handlung zu verpflichtende Vertrauensperson erklären, daß in der 
Urkunde sein letzter Wille enthalten sei, und das Gericht hat, daß das Eine oder Andere ge- 
schehen sei, im Protocolle zu bemerken. « 
* 2099. Will Jemand, welcher der deutschen Sprache nicht mächtig ist, einen letzten 
Willen errichten, so ist ein verpflichteter Dollmetscher zuzuziehen. 
III. Außergerichtlich errichteter letzter Wille. 
* 2100. Ein letzter Wille kann außergerichtlich vor fünf Zeugen errichtet werden. Die 
Errichtung muß von Anfang bis zu Ende unnnterbrochen ohne Einmischung fremdartiger 
Geschäfte vor sich gehen. 
& 2101. Die Zeugen müssen zum Zeugnisse aufgefordert und bei der Errichtung des 
letzten Willens gleichzeitig gegenwärtig sein. 
&2102. Unfähig zum Zeugnisse bei einem letzten Willen sind Frauenspersonen, Per- 
sonen unter einundzwanzig Jahren, Blinde, Taube, Stumme, Personen, welche des Vernunft- 
gebrauches beraubt, gerichtlich für Verschwender erklärt oder sonst bevormundet sind, Personen, 
welche wegen Meineides bestraft worden und, bei schriftlichen letzten Willen, jede des Schrei- 
bens unfähige Person. · 
8 2103. Zeuge kann auch Derjenige sein, welcher zur Niederschrift des letzten Willens 
gebraucht worden ist. 
8 2104. Wer einen außergerichtlichen letzten Willen schriftlich errichten will, muß in 
Gegenwart der fünf Zeugen in einer denselben verständlichen Sprache vernehmlich erklären, 
daß die den letzten Willen enthaltende Urkunde sein letzter Wille sei, und die Urkunde in 
Gegenwart der Zeugen unterschreiben. Kann er aus Unkunde oder aus einer anderen Ursache 
nicht unterschreiben, so muß den letzten Willen ein sechster Zeuge mit der Bemerkung unter- 
schreiben, daß er anstatt des Erblassers unterschreibe. Der Mangel der Angabe des Ortes, 
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