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Zehnter Abschnitt.
Letzte Willen, welche Eltern an der Stelle ihrer Kinder errichten.
& 2203. Ein Vater kann an der Stelle seiner leiblichen ehelichen und eine Mutter an
der Stelle ihrer leiblichen ehelichen oder außerehelichen Kinder einen letzten Willen über das
Vermögen dieser Kinder errichten, und zwar theils für den Fall, daß diese vor erfülltem vier-
zehnten, oder vor einem früheren Lebensjahre, theils, wenn sie wegen Geisteskrankheit oder
wegen Taubstummheit nach §6 2069, 2070 zu Errichtung eines letzten Willens unfähig
sind, für den Fall, daß sie, ohne die Fähigkeit zu Errichtung eines letzten Willens zu erlangen,
sterben sollten.
* 2204. Das Recht des Vaters oder der Mutter, für ein geisteskrankes oder taub-
stummes Kind einen letzten Willen zu errichten, fällt weg, soweit das Kind, bevor es in jenen
Zustand verfallen ist, eine gültige letztwillige Verfügung über sein Vermögen getroffen hat.
* 2205. Die Mutter kann an der Stelle ihrer ehelichen Kinder nur dann einen letzten
Willen errichten, wenn der Vater nicht mehr am Leben ist, und über das Vermögen seiner
Kinder nicht letztwillig verfügt hat.
* 2206. Es ist gleich, ob die Verfügenden für sich einen letzten Willen errichten oder
nicht, und ob sie im ersteren Falle das Kind, für welches sie einen letzten Willen errichten, zu
Erben einsetzen, oder dasselbe übergehen, over enterben.
2207. Die Eltern sind nicht berechtigt, an der Stelle ihrer Kinder die Pflichttheils-
berechtigten der letzteren zu enterben.
§2208. Hat der Vater oder die Mutter blos für einen der beiden Fälle, daß das Kind
vor erfülltem vierzehnten oder vor einem früheren Lebensjahre, oder daß es in dem ihn zu Er-
richtung eines letzten Willens unfähig machenden Zustande sterben sollte, letztwillig verfügt, so
gilt die Verfügung blos für den ausgedrückten Fall.
* 2209. Der letzte Wille, welchen der Vater oder die Mutter an der Stelle von
Kindern errichtet, fällt weg, wenn die Kinder das vierzehnte oder das sonst gesetzte frühere
Lebensjahr erfüllen, oder die Fähigkeit zu Errichtung eines letzten Willens erlangen, oder wenn
Geisteskranke einen in lichten Zwischenräumen errichteten letzten Willen hinterlassen, ferner,
wenn die Kinder vor den Eltern, welche für sie letztwillig verfügt haben, sterben, oder wenn
die in dem letzten Willen Bedachten vor dem Vater, oder vor der Mutter, oder vor den Kindern,
für welche der letzte Wille errichtet worden ist, sterben.