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7)) Der Kranke ist, wie Jahreszeit, Witterung, Stand und Gewohnheit es erfordern,
gekleidet auf die Reise zu bringen.
Die Anstaltsdirectionen sind angewiesen, jede Vernachlässigung in dieser Beziehung, sei
es aus Fahrlässigkeit und Lieblosigkeit oder nach der verkehrten Ansicht, als ob die Pflege-
befohlenen einer Irrenanstalt auf Ordnung, Reinlichkeit und Bequemlichkeit ihrer Bekleidung
keine Ansprüche zu machen hätten, dem Ministerium des Innern anzuzeigen.
Der Aufzunehmende muß ferner gründlich gereinigt, frei von Ungeziefer, gewaschen und
rasirt, das Haupt= und Barthaar muß geordnet, bezüglich verschnitten und sein sonstiges Aeußere
sorgfältig und anständig hergestellt sein.
Für den Fall, daß hierin Verabsäumungen verschuldet würden, hat die Begleitung des
Kranken nicht allein die von der Anstaltsdirection zu bemessenden Kosten der Reinigung zu
tragen, sondern auch, zumal wenn die Verunreinigung mit Ungeziefer eine allgemeine ist, sich
der Zurückweisung des Kranken zu gewärtigen.
8) Die übrigen Effecten des Kranken, wie sie zu seiner vorschriftmäßigen Ausstattung
nach § 24 der Beilage A zur Bekanntmachung vom 26sten September 1855 (Gesetz= und
Verordnungsblatt vom Jahre 1855, Seite 608) beizubringen sind, müssen entweder mit
dem Kranken und zwar gleich vollständig gereinigt und in brauchbarem Zustande übergeben,
oder, wenn es den Begleitern irgend wie bedenklich oder beschwerlich erschiene, sie mit dem
Kranken bei sich zu führen, einen Tag vor der Abreise vorausgeschickt werden.
In keinem Falle kann nachgesehen werden, daß von des Kranken Ausstattung dasjenige,
was er nicht auf dem Leibe trägt, beliebig später nachgesendet wird.
9) Der Krankeist auf der Reise auf eine seinem Kranksein entsprechende Weise zu nähren; es sind
dabei ihm Getränke, welche ihn erquicken, bezüglich erwärmen können, sorglich zu gewähren, spirituöse
Getränke aber, selbst wenn er deren verlangte und von früher gewohnt wäre, streng zu versagen.
10) In den Fällen, wo zur Beschränkung des vernunftlosen Gebahrens des Kranken
Zwangsmittel nicht zu umgehen sind, hat man sich mit der Anwendung des Zwangscamisols
zu begnügen, und nur für den Fall, daß der Kranke durch Stoßen und andere ungebührliche
Bewegungen der Füße gemeingefährlich ungestüm sich äußert, die Sprungriemen hinzuzufügen.
Das Zwangscamisol darf nie den Kranken schmerzhaft belästigende Zugaben von Schnallen,
Riemen und Schlössern haben, sondern muß im Schnitte und Stoffe und sonstiger Herstellung
den den Bezirksärzten zugefertigten Mustern gleichen.
Es darf dasselbe ferner nicht über die Kleidung gezogen und somit zu herabwürdigender
Entstellung der Person sichtbar sein. Der Kranke muß vielmehr über dem Camisol seine ge-
wöhnliche Kleidung, oder wenn solche zu eng ist, einen Ueberwurf, Mantel, Umschlagtuch und
dergleichen tragen. Ueberdies sind die Zipfel des Camisols nie über die dasselbe verbergenden
Kleidungsstücke zu ziehen, sondern unter denselben zu binden. Es wird sogar in vielen Fällen
genügen, daß die Zipfel des Camisols gar nicht um den Leib des Kranken geführt und auf dem
Rücken gebunden, sondern unmittelbar vor den Fingerspitzen zusammengeschlungen und die freien
Enden in dem Ueberrockärmel oder unter dem Ueberwurfe verborgen werden.
Letzte Absendung: am gten Juli 1863.