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Jede Einleitung solcher Unterhandlungen, deren Richtung und Umfang durch die Grund—
sätze des gegenwärtigen Vertrags bestimmt ist, muß den übrigen Vereinsmitgliedern alsbald
bekannt gemacht werden, auch ist diesen vor dem förmlichen Abschlusse der diesfällige Vertrag
zur Einsicht und Zustimmung mitzutheilen.
Die Zustimmung soll nicht versagt werden, wenn die Bestimmungen, welche der gegen—
wärtige Vertrag umfaßt, eingehalten sind.
Artikel 38.
Das Recht, mit anderen außerhalb des Zollverbandes gelegenen Staaten Verträge zur
Erleichterung des Verkehrs und Handels zu errichten, verbleibt den contrahirenden Regierungen
auch nach dem Abschlusse des gegenwärtigen Vertrags. Sie werden sich bemühen, durch solche
Verträge dem Verkehre ihrer Angehörigen jede mögliche Erleichterung und Erweiterung zu
verschaffen.
Es dürfen jedoch durch solche Verträge die Bestimmungen des gegenwärtigen Vertrags in
keiner Art verletzt werden. Auch ist dabei der Gesichtspunkt festzuhalten, daß sowohl die Er—
leichterungen und Vortheile, welche auf der einen Seite ein außerhalb des Vereins gelegener
Staat dem mit ihm contrahirenden Vereinsstaate zugesteht, auch den Angehörigen und Erzeug—
nissen der übrigen Vereinsstaaten gesichert, als auch die dem außerhalb des Vereins gelegenen
Staate auf der anderen Seite gemachten Zugeständnisse nicht blos in dem Verhältnisse zu dem
einzelnen contrahirenden Vereinsstaate, sondern auch in der Rückwirkung auf den Verein über—
haupt, durch die dem letzteren mittelbar oder unmittelbar zugehenden Verkehrs- und Handels—
vortheile möglichst aufgewogen werden.
Zu diesem Ende übernehmen die contrahirenden Regierungen, wenn sie in den Fall kom—
men, mit einem außer dem Vereine gelegenen Staate über Erleichterung des Verkehrs und
Handels einen Vertrag zu errichten, die Verbindlichkeit, nicht nur vor Eröffnung der Unter—
handlung die übrigen Mitglieder des Vereins zur Mittheilung aller erforderlichen Notizen über
ihre besonderen Interessen einzuladen, sondern auch vor der förmlichen Ratification den übrigen
Vereinsgliedern den vollständigen Inhalt solcher Verträge zum Zwecke ihrer zustimmenden
Erklärung zu eröffnen.
Schifffahrtsverträge, insofern sie die Natur von Handelsverträgen annehmen, sind nach
gleichen Grundsätzen zu behandeln.
In Rücksicht auf die besonderen Verhältnisse, worin die Königlich Preußische Regierung
nach den Bestimmungen der Wiener Congreßacte mit einem Theile ihrer Provinzen zu dem
Gebiete des Königreichs Polen und zu einem Theile der Russischen Provinzen steht, wird der—
selben hinsichtlich der Errichtung von Handelsverträgen mit Rußland und Polen völlig freie
Hand gelassen, wogegen sie sich verpflichtet, die Interessen der anderen Vereinsstaaten gleich—
mäßig mit den ihrigen wahrzunehmen.