Full text: Gesetz- und Verordnungsblatt für das Königreich Sachsen vom Jahre 1866. (32)

— 155 — 
Gesctz-und Verordnungsblalt 
für das Königreich Sachsen. 
14. Stück vom Jahre 1866. 
7—— ——ii——ttrt 
..——— — — 
—— — — — 
— — — — — 
  
1. Verordnung, 
das Verfahren bei Zurücknahme des Strafantrags betreffend; 
vom 2. Juni 1866. 
  
  
  
Ne Artikel 107 des Strafgesetzbuchs (Seite 210 des Gesetz= und Verordnungsblattes vom 
Jahre 1855)0 hat sich das Untersuchungsgericht, wenn von dem durch das Verbrechen Verletzten 
oder von dessen gesetzlichem Vertreter der gestellte Strafantrag zurückgenommen und in dessen 
Folge das Strafverfahren eingestellt wird, der bis dahin erwachsenen Kosten halber an den 
Antragsteller, beziehendlich dessen Erben, zu halten. 
Diese Vorschrift gilt auch für den Fall, daß der Angeklagte die bis zur Zurücknahme des 
Strafantrags aufgelaufenen Kosten zur Bezahlung übernimmt; denn es wird hierdurch nur 
eine vertragsmäßige Verpflichtung desselben dem Antragsteller gegenüber begründet, nicht aber 
der Letztere von der ihm dem Gerichte gegenüber obliegenden gesetzlichen Verbindlichkeit befreit. 
Es ist nun des Oeftern vorgekommen, daß Antragsteller, welche den Strafantrag nach 
Uebernahme der Kosten Seiten der Angeklagten unbedingt zurückgezogen hatten und späterhin, 
beziehendlich nach erfolglosem Vollstreckungsverfahren gegen den Angeklagten, vom Gerichte zur 
Bezahlung der Kosten angehalten worden waren, dieserhalb Beschwerden oder Gesuche um 
Kostenerlaß angebracht und zu deren Begründung sich glanbhaft darauf beruf’n haben, daß sie 
bei Zurücknahme des Strafantrags irrigerweise verausgesetzt, die gedachte Erklärung des An- 
geklagten bewirke ihre Befreiung von der Kostenpflicht. 
Um für die Zukunft die Antragsteller vor einem solchen Irrthume und dessen möglichen 
Folgen zu schützen, werden die Bezirksgerichte und Gerichtsämter, ingleichen die Staatsanwälte 
hiermit angewiesen, vorkommenden Falles die Antragsteller, soweit nicht etwa bei deren Per- 
sönlichkeit oder den sonst vorliegenden Umständen die Annahme eines Irrthums der fraglichen 
Art ohnehin für ausgeschlossen zu achten ist, über das einschlagende Rechtsverhältniß angemessen 
zu belehren und, wie solches geschehen, actenkundig zu machen. 
1866. 30
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.