Full text: Gesetz- und Verordnungsblatt für das Königreich Sachsen vom Jahre 1872. (38)

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3. Hiernach hat jeder commandirende Offizier und Unteroffizier und jeder einzelne 
Posten die vorliegenden Verhältnisse (vergl. oben I. 1 a—cD zu beurtheilen. 
Niemals aber kann der Soldat eine Entschuldigung für die Nichterfüllung seiner 
Pflicht finden, wenn er nicht in den oben unter 1 ad a—d bezeichneten Fällen zur 
Erreichung der dort angegebenen Zwecke nöthigenfalls den gesetzlich bestimmten Gebrauch 
von seinen Waffen rechtzeitig und vollständig gemacht hat. 
II. Waffengebrauch bei Verwendung des Militairs zur Unterdrückung 
innerer Unruhen und zur Ausführung der Gesetze. 
Wenn das Militair zur Unterdrückung innerer Unruhen und zur Ausführung der 
Gesetze verwendet werden soll, so sind folgende Hauptgesichtspunkte für den Militair- 
Befehlshaber maßgebend: 
1. Die Allerhöchsten Ordres vom 29. October 1819 und 17. October 1820 schrei- 
ben vor, daß Militair= und Civilbehörden sich gegenseitig Mittheilungen in erheblichen 
polizeilichen Angelegenheiten zu machen haben. Wenn also Verhältnisse und Vorgänge 
eintreten, welche die öffentliche Ruhe bedrohende Auftritte voraussehen lassen, so sind 
die Truppenbefehlshaber, insbesondere die Festungs-Commandanten und der älteste 
commandirende Offizier im Orte verpflichtet, den Gang der Ereignisse scharf zu beob- 
achten und die nöthigen Vorbereitungen zu treffen. 
Es bleibt jedoch in der Regel zunächst die Pflicht der Civilbehörde, mit den ihr zu 
Gebote stehenden Polizeikräften solche Unordnungen in ihrem Entstehen zu unterdrücken 
und die Ruhe zu erhalten, und so lange steht auch ihr allein die Anordnung und Leit- 
ung der Maßregeln zu. 
Das Militair hat hierbei nicht mitzuwirken und darf in diesen Fällen nicht zur 
bloßen Verstärkung der Polizei gebraucht werden. 
2. Wenn es sich aber herausstellt, daß die Kräfte der Polizeigewalt nicht genügen, 
um die öffentliche Ruhe und Ordnung wieder herzustellen, und wird deshalb das Mi- 
litair von einer Civilbehörde requirirt und demzufolge zum Beistande derselben com- 
mandirt, so muß in einem jeden solchen Falle der Militair-Befehlshaber, an den die 
Requisition gerichtet ist, darauf achten, daß in der bezüglichen Requisition der Gegen- 
stand und Zweck, wozu die Hülfe des Militairs verlangt wird, so bestimmt angegeben 
ist, daß seinerseits, oder, sofern er nicht selbst das Commando der zum Beistande der 
Civilbehörde bestimmten Truppen übernimmt, von dem das Commando führenden 
Offizier 2c. danach die nöthigen Anordnungen mit Zuverlässigkeit getroffen werden 
können. 
Von dem Augenblick der erfolgten Requisition an geht die Anordnung und Leitung 
der Sache allein auf den Militair-Befehlshaber über und die Civilbehörde ist ver- 
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