Full text: Gesetz- und Verordnungsblatt für das Königreich Sachsen vom Jahre 1872. (38)

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Ist kein Tambour 2c. vorhanden, so bedarf es nur der dreimaligen Aufforderung 
des Commandirenden in der eben bezeichneten Art. 
Wird der dritten Aufforderung nicht sofort von der versammelten Volksmenge 
Folge geleistet, so erfolgt alsdann ohne Verzug das Commando zum Vorgehen und zu 
dem, von dem Commandirenden näher zu bestimmenden Waffengebrauche. 
Wird aber das Militair während der Aufforderungen zum Auseinandergehen selbst 
thätlich angegriffen, so ist sofort einzuschreiten (vergl. oben I, 1 a). 
III. Vom Belagerungszustande, seiner Anwendung und 
Ausführung. 
1. Nicht blos im Kriege, sondern auch in Friedenszeiten kann „für den Fall 
eines Aufruhrs, bei dringender Gefahr für dieöffentliche Sicher- 
heit“ der Belagerungszustand erklärt werden. 
Nach den §§ 89 bis 92 des Allgemeinen Strafgesetzbuchs ist es Aufruhr, wenn 
mehrere Personen öffentlich sich zusammenrotten und öffentlich mit vereinten 
Kräften 
a) einen Beamten, der zur Vollstreckung der Gesetze oder der Befehle und Verord- 
nungen der Verwaltungsbehörden oder der Urtheile und Verordnungen der 
Gerichte berufen ist, während der Vornahme einer Amtshandlung angreifen — 
oder demselben — oder den zu seiner Beihülfe zugezogenen Personen — durch 
Gewalt oder Drohung Widerstand leisten; 
b) eine Behörde oder einen Beamten durch Gewalt oder Drohung zwingen oder zu 
zwingen suchen, eine Amtshandlung vorzunehmen oder zu unterlassen; oder 
Jc) Mannschaften des Militairs oder einer Gemeinde-Schutzwehr in Ausübung des 
Dienstes angreifen oder sich ihnen widersetzen.) 
2. Ob im Falle eines Aufruhrs „dringende Gefahr für die öffentliche Sicherheit" 
vorhanden ist, muß nach den demselben vorangegangenen und ihn begleitenden Umstän- 
den, sowie nach dem Umfange und dem Charakter desselben jedesmal beurtheilt werden. 
3. Die Erklärung des Belagerungszustandes geht alsdann vom Staatsministerium 
aus; sie kann aber provisorisch und vorbehaltlich der sofortigen Bestätigung oder 
Beseitigung durch dasselbe, in dringenden Fällen rücksichtlich einzelner Orte und Districte, 
durch den obersten Militair-Befehlshaber in denselben, auf den Antrag des Verwalt- 
ungs-Chefs des Regierungs-Bezirks, wenn aber Gefahr im Verzuge ist, auch ohne 
diesen Antrag erfolgen. 
  
*) Anmerkung. Anstatt der hier angezogenen 88 89 bis 92 des bisherigen Königlich Preußischen 
Allgemeinen Strafgesetzbuchs sind jetzt die Vorschriften in §8§ 115, 116, Abs. 2 des Strafgesetzbuchs für das 
Deutsche Reich maßgebend.
	        
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