Full text: Gesetz- und Verordnungsblatt für das Königreich Sachsen vom Jahre 1872. (38)

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§66. Die Militairpersonen stehen während des Belagerungszustandes unter den 
Gesetzen, welche für den Kriegszustand ertheilt sind. — Auch finden auf dieselben die 
§§ 8 und 9 dieser Verordnung Anwendung. 
&# 7. In den, in Belagerungszustand erklärten Orten oder Distrieten hat der 
Befehlshaber der Besatzung (in den Festungen der Commandant) die höhere Militair- 
gerichtsbarkeit über sämmtliche zur Besatzung gehörende Militairpersonen. 
Auch steht ihm das Recht zu, die wider diese Personen ergehenden kriegsrechtlichen 
Erkenntnisse zu bestätigen. Ausgenommen hiervon sind nur in Friedenszeiten die Todes- 
urtheile; diese unterliegen der Bestätigung des commandirenden Generals der Provinz. 
Hinsichtlich der Ausübung der niederen Gerichtsbarkeit verbleibt es bei den Vor- 
schriften des Militair= Strafgesetzbuchs. 
#&# . Wer in einem in Belagerungszustand erklärten Orte oder Districte der vor- 
sätzlichen Brandstiftung, der vorsätzlichen Verursachung einer Ueberschwemmung, oder 
des Angriffs oder des Widerstandes gegen die bewaffnete Macht oder Abgeordnete der 
Civil= oder Militairbehörde in offener Gewalt und mit Waffen oder gefährlichen Werk- 
zeugen versehen sich schuldig macht, wird mit dem Tode bestraft. 
Sind mildernde Umstände vorhanden, so kann, statt der Todesstrafe auf zehn= bis 
zwanzigjährige Zuchthausstrafe erkannt werden. 
§ 9. Wer in einem in Belagerungszustand erklärten Orte oder Districte 
a) in Beziehung auf die Zahl, die Marschrichtung oder angeblichen Siege der Feinde 
oder Aufrührer wissentlich falsche Gerüchte ausstreut oder verbreitet, welche ge- 
eignet sind, die Civil= oder Militairbehörden hinsichtlich ihrer Maaßregeln irre 
zu führen, oder 
b) ein bei Erklärung des Belagerungszustandes oder während desselben vom Mili- 
tairbefehlshaber im Interesse der öffentlichen Sicherheit erlassenes Verbot über- 
tritt, oder zu solcher Uebertretung auffordert oder anreizt, oder 
Zc) zu dem Verbrechen des Aufruhrs, der thätlichen Widersetzlichkeit, der Befreiung 
eines Gefangenen, oder zu andern § 8 vorgesehenen Verbrechen, wenn auch 
ohne Erfolg, auffordert oder anreizt, oder 
d) Personen des Soldatenstandes zu Verbrechen gegen die Subordination oder Ver- 
gehungen gegen die militairische Zucht und Ordnung zu verleiten sucht, 
soll, wenn die bestehenden Gesetze keine höhere Freiheitsstrafe bestimmen, mit Gefängniß 
bis zu Einem Jahre bestraft werden. 
10. Wird unter Suspension des Artikels 7 der Verfassungs-Urkunde zur An- 
ordnung von Kriegsgerichten geschritten, so gehört vor dieselben die Untersuchung und 
Aburtheilung der Verbrechen des Hochverraths, dos Landesverraths, des Mordes, des
	        
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