Full text: Gesetz- und Verordnungsblatt für das Königreich Sachsen vom Jahre 1872. (38)

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Der Militairbefehlshaber, welcher die dem Offiziersstande angehörigen Mitglieder 
des Kriegsgerichts ernennt, beauftragt als Berichterstatter einen Auditeur, oder in dessen 
Ermangelung einen Offizier. Dem Berichterstatter liegt ob, über die Anwendung und 
Handhabung des Gesetzes zu wachen, und durch Anträge die Ermittelung der Wahrheit 
zu fördern. Stimmrecht hat derselbe nicht. 
Als Gerichtsschreiber wird zur Führung des Protocolls ein von dem Vorsitzenden 
des Kriegsgerichts zu bezeichnender und von ihm zu vereidigender Beamter der Civil— 
verwaltung zugezogen. 
13. Für das Verfahren vor den Kriegsgerichten gelten folgende Bestimmungen: 
1. Das Verfahren ist mündlich und öffentlich; die Oeffentlichkeit kann vom Kriegs- 
gerichte durch einen öffentlich zu verkündigenden Beschluß ausgeschlossen werden, 
wenn es dieß aus Gründen des öffentlichen Wohls für angemessen erachtet. 
2. Der Beschuldigte kann sich eines Vertheidigers bedienen. — Wählt er keinen 
Vertheidiger, so muß ihm ein solcher von Amtswegen von dem Vorsitzenden des 
Gerichts bestellt werden, insofern es sich um solche Verbrechen oder Vergehen 
handelt, bei welchen nach dem allgemeinen Strafrecht eine höhere Strafe, als 
Gefängniß bis zu Einem Jahre, eintritt. 
3. Der Berichterstatter trägt in Anwesenheit des Beschuldigten die demselben zur 
Last gelegte Thatsache vor. 
Der Beschuldigte wird aufgefordert, sich darüber zu erklären, demnächst wird 
zur Erhebung der anderweiten Beweismittel geschritten. 
Sodann wird dem Berichterstatter zur Aeußerung über die Resultate der 
Vernehmungen und die Anwendung des Gesetzes, und zuletzt dem Beschuldigten 
und seinem Vertheidiger das Wort gestattet. 
Das Urtheil wird bei sofortiger nicht öffentlicher Berathung des Gerichts 
nach Stimmenmehrheit gefaßt und unmittelbar darauf dem Beschuldigten ver- 
kündigt. 
4. Das Gericht erkennt auf die gesetzliche Strafe, oder auf Freisprechung, oder Ver- 
weisung an den ordentlichen Richter. 
Der Freigesprochene wird sofort der Haft entlassen. Die Verweisung an 
den ordentlichen Richter findet statt, wenn das Kriegsgericht sich für nicht com- 
petent erachtet; es erläßt in diesem Falle über die Fortdauer oder Aufhebung 
der Haft im Urtheile zugleich besondere Verfügung. 
5. Das Urtheil, welches den Tag der Verhandlung, die Namen der Richter, die 
summarische Erklärung des Beschuldigten über die ihm vorgehaltene Beschuldig- 
ung, die Erwähnung der Beweisaufnahme und die Entscheidung über die That-
	        
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