Full text: Gesetz- und Verordnungsblatt für das Königreich Sachsen vom Jahre 1872. (38)

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auch die ihr in dem ihr ausgeantworteten Lehrbuche der Hebammenkunst, sowie beim 
Unterricht ertheilten Anweisungen jederzeit streng und pünktlich befolgen, zu dem Ende 
aber sowohl mit den oberwähnten gesetzlichen Vorschriften sich gehörig vertraut machen, 
als auch besonders durch fleißiges Nachlesen in dem Lehrbuche, welches sie bei jeder 
Gelegenheit zu Rathe zu ziehen hat, sich die ihr so dringend nöthigen Kenntnisse immer 
vollständiger zu erwerben suchen. Sie hat sich der im § 8 des Mandats untersagten 
Beschäftigungen, wie alles Anderen, was ihr bei pflichtmäßiger Erfüllung ihres Berufs 
auf irgend eine Weise hinderlich werden könnte, gänzlich zu enthalten. 
5. Demnächst hat sich dieselbe stets eines ordentlichen und untadelhaften Lebens- 
wandels nach den Vorschriften der Religion zu befleißigen, damit sie nicht nur die 
Pflichten ihres Berufs desto besser erfüllen, sondern sich auch das Zutrauen und die 
Achtung derer, welche auf ihre Hülfe angewiesen sind und dieselbe brauchen, erwirbt. 
6. Die Hebamme hat in der Regel, und soweit nicht die Ausnahme davon von 
der zuständigen Obrigkeit im Einvernehmen mit dem Bezirksarzte für zulässig erachtet 
und genehmigt worden ist, innerhalb desjenigen Bezirks, für welchen sie angestellt 
worden ist, zu wohnen. 
§ 7. Die Hebamme soll zu allen Stunden des Tages und der Nacht bereit sein, 
den Schwangern, Kreißenden, Wöchnerinnen und neugeborenen Kindern, die ihrer Dienste 
bedürfen, ohne Zeitverlust zu Hülfe eilen. Sie soll sich daher in andern, als ihren 
Berufsgeschäften, ohne Vorwissen der Ortsbehörde nie über Nacht von ihrem Wohnorte 
entfernen, und wenn sich daselbst Hochschwangere befinden, auch am Tage nicht ohne 
Noth vom Hause abwesend sein. Auch solchen Armen ihres Bezirks, von denen sie 
keine Belohnung zu erwarten hat, darf sie ihre Dienste nicht versagen. 
& 8. Ueber alles Dasjenige, was ihr bei Ausübung ihres Berufs bekannt wird, 
soll die Hebamme strenge Verschwiegenheit beobachten; sie darf z. B. körperliche Ge- 
brechen, Fehler oder Krankheiten, welche sie bei denen, die sich ihrer Hülfe bedienen, 
entdeckt, dafern nicht durch die Verheimlichung Gefahr für die Gesundheit anderer Per- 
sonen entsteht, oder was sie sonst von den häuslichen Verhältnissen derselben beobachtet, 
auf keine Weise weiter bekannt machen und Andern hinterbringen. 
§ 9. Sollten ihr aber versuchte Abtreibung der Leibesfrucht, Kindesmord, gefähr- 
liche Verletzung des Kindes oder andere dergleichen Verbrechen bekannt werden, so ist 
sie verpflichtet, sofort der Obrigkeit des Ortes davon Anzeige zu machen. 
# 10. Die Hebamme hat, wenn sie von einer Frauensperson um Auskunft darüber 
angegangen wird, ob die letztere wirklich schwanger sei, und wie lange, sich genau und 
sorgfältig nach den Umständen zu erkundigen, welche ihr als Zeichen der Schwanger-
	        
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