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schaft gelehrt worden sind, die Untersuchung mit Anstand und Behutsamkeit vorzuneh-
men, und Denen, die es betrifft, gewissenhaft anzuzeigen, was sie nach Maßgabe ihrer
Untersuchung zu glauben sich veranlaßt findet, in zweifelhaften Fällen aber lieber offen-
herzig zu gestehen, daß die Sache sich nicht bestimmt entscheiden lasse, oder die betreffen-
den Personen an einen erfahrenen Geburtshelfer zu verweisen.
11. Insonderheit soll die Hebamme, wenn sie von der Obrigkeit aufgefordert
wird, den körperlichen Zustand einer für schwanger Gehaltenen oder sich dafür Aus-
gebenden, oder den Umstand, ob eine Frauensperson geboren habe, zu untersuchen, oder
wenn ihr andere in ihre Kunst einschlagende Fragen zur Beantwortung vorgelegt wer-
den, Dasjenige, was sie bei sorgfältiger Untersuchung gefunden hat, und was ihrer
Ueberzeugung gemäß ist, nach der strengsten Wahrheit angeben.
&12. Wünscht eine Schwangere in der Wohnung der Hebamme ihre Niederkunft
zu halten, so hat die Hebamme dieses ihrer Obrigkeit anzuzeigen.
Zur Errichtung eines Privatentbindungs-Instituts bedarf sie der Genehmigung
der betreffenden Kreisdirection (§ 30 der Gewerbeordnung vom 21. Juni 1869 —
Bundesgesetzblatt S. 253).
13. Jede Hebamme soll mit dem in dem Lehrbuche bestimmten, vorschrifts-
mäßigen Hebammenapparate versehen sein.
Diesen Apparat hat sie dem Bezirksarzte nicht nur in der erforderlichen Beschaffen-
heit vor ihrer Verpflichtung, sondern auch später auf Verlangen von Zeit zu Zeit vor-
zulegen, und die darin enthaltenen Gegenstände überhaupt in gutem und brauchbarem
Zustande zu erhalten.
& 14. Außer den im Lehrbuche genannten und für jeden Fall genau bestimmten
Heilmitteln dürfen Hebammen Arzneimittel durchaus nicht verordnen oder anwenden,
und haben sich überhaupt alles unbefugten Kurirens, sowie der Anwendung abergläu=
bischer Mittel, als des Segensprechens, der Sympathie u. s. w., streng zu enthalten.
*15. Die Hebammen sind verpflichtet, über diejenigen Geburten, bei denen sie
in ihrem Berufe thätig gewesen sind, tabellarische Geburtsverzeichnisse nach dem im
Lehrbuche angegebenen Schema zu halten, die Einträge in diese Verzeichnisse wahrheits-
getreu und vorschriftmäßig zu bewirken, und diese Verzeichnisse im Januar und Juli
jeden Jahres ihrem Bezirksarzte zur Durchsicht und Prüfung zu überreichen.
Diese Ueberreichung der Geburtsverzeichnisse hat in der Regel persönlich zu erfolgen.
Die Formulare zu den vorgedachten Geburtsverzeichnissen sollen den Hebammen
unentgeltlich geliefert werden.
8 16. Die Hebamme hat dafür Sorge zu tragen, daß die Geburten, zu denen sie
gerufen worden war, in der gesetzlichen Frist bei der Kirche (dem Kirchner oder dem