Full text: Gesetz- und Verordnungsblatt für das Königreich Sachsen vom Jahre 1872. (38)

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Pfarrer) oder bei der sonst vorgeschriebenen Stelle pflichtmäßig angezeigt werden, und 
daß diese Anzeigen in vorschriftmäßiger Vollständigkeit geschehen. 
17. Ferner soll die Hebamme darauf sehen, daß neugeborene Kinder christlicher 
Eltern innerhalb der gesetzlichen Frist von sechs Wochen getauft werden, und wenn sie 
in Erfahrung bringt, daß nach Ablauf dieser Frist die Taufhandlung noch nicht voll- 
zogen ist, dem Ortspfarrer oder der Ortsobrigkeit die Anzeige davon machen. 
In Fällen jedoch, wo Krankheitszustände des Kindes, namentlich der Zustand seiner 
Augen, das Vorhandensein von fieberhaften Krankheiten oder von Hautkrankheiten, die 
von den Angehörigen des Kindes gewünschte frühere Taufe oder die Kirchentaufe be- 
denklich machen, hat die Hebamme die Angehörigen des Täuflings auf die möglichen 
Nachtheile aufmerksam zu machen, welche die zu früh oder in der Kirche vorgenommene 
Taufe haben könnte, und ihnen die nachgelassene Frist von sechs Wochen und die Haus- 
taufe in Erinnerung zu bringen; auch wenn die Eltern ihre Verwarnung nicht beachten, 
den Ortspfarrer um eine solche ihnen zu ertheilende Verwarnung anzugehen. 
Bei eintretender Lebensgefahr und sehr großer Schwäche des Neugeborenen hat 
sie zwar, jedoch ohne deshalb die nöthigen Rettungsmittel zu versäumen, dafür Sorge 
zu tragen, daß die Taufhandlung sobald als möglich durch einen Geistlichen verrichtet 
werde, wenn aber derselbe in der Eile nicht zu erlangen ist, so soll sie das Kind selbst 
mit der Nothtaufe versehen dürfen. Wie sie sich hierbei zu verhalten habe, darüber ist 
sie von dem Pfarrer ihres Wohnorts, bei welchem sie sich deshalb sofort nach ihrer 
Verpflichtung zu melden hatte (§ 9 des Mandats vom 2. April 1818), unterrichtet 
worden, und hat sie dieser Unterweisung genau nachzugehen. 
18. Die Hebamme soll Schwangeren, wo es gewünscht wird, unter Befolgung 
der im Lehrbuche gegebenen Vorschriften Rath ertheilen, wie diese zu leben haben, um 
gesund zu bleiben und ihrer Leibesfrucht nicht zu schaden, ingleichen, wie sie sich wegen 
der nöthigen Wäsche, sowie für das Stillungsgeschäft vorzubereiten haben. 
§ 19. Wird die Hebamme zu einer Gebärenden gerufen, so hat sie sich sofort auf 
den Weg dahin zu machen und ihren vorschriftmäßigen Apparat (8 13) mitzubringen. 
Nach der Ankunft hat sie durch sorgfältige äußere und innere Untersuchung und 
durch Beobachtung zu ermitteln, ob die Geburt wirklich begonnen habe, wieweit sie 
vorgeschritten sei, und ob Regelwidrigkeiten vorhanden seien, welche die sofortige Herbei- 
rufung eines Geburtshelfers nöthig machen. v 
# 20. Wenn sie sich überzeugt hat, daß die Geburt ihren Anfang genommen hat, 
hat sie sofort die bei jeder Geburt nothwendigen Vorkehrungen, wie die Herstellung 
eines zweckmäßigen Geburtslagers und was sonst das Lehrbuch vorschreibt, zu treffen
	        
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