Full text: Gesetz- und Verordnungsblatt für das Königreich Sachsen vom Jahre 1873. (39)

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85. Juristische Personen werden rücksichtlich der Rechte und Pflichten des Guts- 
vorstehers durch ihren Vertreter, Ehefrauen durch ihren Ehemann, Kinder unter väter- 
licher Gewalt durch den Vater, Bevormundete durch ihren Vormund vertreten. 
Von mehreren Eigenthümern eines selbstständigen Gutes hat im Mangel einer 
freien Vereinigung der im Gutsbezirke wohnhafte, beziehendlich der älteste die Pflichten 
und Rechte eines Gutsvorstehers auszuüben. Zwischen Gleichberechtigten entscheidet im 
Mangel einer von dem Amtshauptmann zu genehmigenden Vereinbarung das Loos. 
6. Die öffentlich-rechtlichen Befugnisse eines Gutsvorstehers kann Niemand aus- 
üben, welcher nach §§ 34 und 35 das Stimmrecht auszuüben nicht berechtigt ist. 
Abgesehen von dem vorgedachten Falle hat die Ernennung eines Stellvertreters auch 
dann zu erfolgen, wenn der Besitzer des Gutes oder dessen im § 85 genannter gesetz- 
licher Vertreter nicht seinen ständigen Aufenthalt im Gutsbezirke hat, oder wegen 
Krankheit oder aus anderen in seiner Person liegenden Gründen die Pflichten eines 
Gutsvorstehers zu erfüllen behindert ist. 
Versäumt sich der Gutsherr an der Ernennung des Stellvertreters, so ist ein solcher 
von dem Amtshauptmann auf Kosten des Gutsherrn zu bestellen. 
In dem Falle, wenn ein Gutsherr des Stimmrechts verlustig ist, hat der Amts- 
hauptmann für die einstweilige Verwaltung der § 84 bemerkten Geschäfte auf Kosten 
des Gutsbesitzers Bestimmung zu treffen (vergl. 8 80). 
& 7. Bei Aufstellung der Listen und Verzeichnisse für staatliche Zwecke, namentlich 
für die Gewerbe= und Personalsteuer oder sonstige directe Steuern, für Wahlen zum 
Reichs= oder Landtage, der Geschwornen 2c., für das Militärersatzgeschäft cc. sind die 
Bewohner der selbstständigen Güter (§§ 82 und 83), soweit nicht ausdrücklich andere 
Vorschriften getroffen werden, in die Ortslisten mit aufzunehmen. Es ist jedoch dafür 
von dem Gutsherrn eine nöthigenfalls von der Aufsichtsbehörde festzustellende Ver- 
gütung zu gewähren. 
& . Unter Zustimmung des Gemeinderaths und mit Genehmigung der Aufsichts- 
behörde können Seiten des Besitzers eines selbstständigen Gutes auch andere oder 
sämmtliche der ihm obliegenden Gutsvorstehergeschäfte dem Gemeindevorstande des be- 
nachbarten Gemeindebezirks gegen angemessene Entschädigung übertragen werden. 
VIII. Von Gemeindeverbänden. 
6#89. Durch freiwilliges, von der Aufsichtsbehörde genehmigtes Uebereinkommen 
können mehrere Gemeinden, ingleichen eine oder mehrere Gemeinden und ein oder 
mehrere Gutsbezirke für bestimmte Gemeindezwecke, namentlich auch für die Polizei- 
verwaltung zu einem Gemeindeverbande vereinigt werden. 
1873. 48
	        
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