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selbstständigen Gutsbezirke von deren Vorstehern (vergl. 8 84 fg. der Revidirten Land—
gemeindeordnung).
Dresden, am 23. August 1874.
Ministerium des Innern.
v. Nostitz-Wallwitz.
Pursch.
A.
Instruction
für die Ortspolizeibehörden, die in Betreff gemeingefährlicher Irrer vorläufig zu
ergreifenden Maßregeln betreffend.
1. Gefährden Personen, die augenscheinlich oder nach ärztlichem Ausspruche geistes-
krank sind, die öffentliche Ruhe, Sicherheit oder Sittlichkeit, so ist denselben zwar die
Möglichkeit weiterer Ausschreitungen zu benehmen, sie sind indeß unter allen Umständen
als Kranke anzusehen und zu behandeln.
2. Es ist demnach mit thunlichster Beschleunigung der Rath und die Anordnung
des zunächst verpflichteten oder überhaupt zu erlangenden Arztes darüber einzuholen,
durch welche Mittel die zu den fraglichen Excessen führende geistige Erregung des
Kranken zu mildern und zu beseitigen und wie weiter mit ihm zu verfahren sein dürfte.
3. Ist ein Krankenhaus im Orte oder ein solches in der Nähe der Benutzung zu-
gänglich, so ist der Kranke sofort dorthin überzuführen und in den daselbst für Irre
etwa vorhandenen Räumlichkeiten bis auf Weiteres unterzubringen.
4. Andernfalls ist der Geisteskranke in einem geeigneten Wohnlocale (Ställe,
Schuppen, Kellerräume und dergleichen sind selbstverständlich ausgeschlossen) innerhalb
der eigenen Behausung oder in einem öffentlichen Gebäude in sichere Verwahrung zu
bringen und darin zu erhalten.
5. Die etwaige Ueberführung des Kranken nach dem für ihn bestimmten Ver-
wahrungsorte ist möglichst ohne öffentliches Aufsehen zu bewirken und überhaupt dabei
mit derjenigen Discretion und Schonung zu verfahren, die einem Kranken in Berück-
sichtigung seines Zustands und der Wahrung seines guten Rufes gebührt. Er darf
daher auch keinesfalls mit Justiz= oder Polizeigefangenen zusammengebracht werden.
6. Das Verwahrungslocal muß heizbar, hinreichend groß (um das Umhergehen
zu gestatten), im Uebrigen mit dem nothdürftigsten Mobiliar, insbesondere einer Bett-