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Der Präsident ist berechtigt und verpflichtet, die Ordnung in den Sitzungen aufrecht
zu erhalten, insbesondere jedes Kammermitglied, welches den geregelten Gang der Ver-
handlung stört, von dem Gegenstande derselben abweicht, beleidigende Ausdrücke sich
erlaubt, oder in sonstiger Weise der Landtags= oder Geschäftsordnung der betreffenden
Kammer entgegenhandelt, zur Ordnung zu rufen und ihm erforderlichen Falles das
Wort zu entziehen.
Alle Kammermitglieder, sowie die anwesenden Regierungscommissare sind befugt,
den Präsidenten auf Abweichungen von der Ordnung aufmerksam zu machen und auf
Zurückweisung zur Ordnung anzutragen. Gegen den Ordnungsruf, sowie die Entziehung
des Wortes Seiten des Präsidenten kann binnen 24 Stunden auf Entscheidung der
Kammer angetragen werden. Dieser Antrag gelangt auf die nächste, nach Stellung des
Antrags folgende Tagesordnung.
Sobald der Präsident den Schluß einer Sitzung erklärt hat, sind weitere Anträge,
Reden und Berathungen Seiten der Mitglieder der Kammer nicht mehr gestattet.
Der Präsident hat Zeichen des Beifalls oder Mißfallens auf der Galerie nicht zu
gestatten und ist berechtigt, bei Verletzung der Ordnung einzelne Personen von der
Galerie entfernen oder letztere ganz schließen zu lassen.
628. Eine unmittelbare Vernehmung der Stände, sowie der einzelnen Kammern Vernehmung
mit der Staatsregierung findet nach § 133 der Verfassungsurkunde nur durch das Ge- der Stände mt
sammtministerium statt. In Bezug auf die Bestellung von Regierungscommissaren, regierung und
Mittheilung von Acten oder anderer Auskunftsertheilung (vergleiche auch § 99, Absatz 1 mit Behörden.
der Verfassungsurkunde), auf Einrichtung in den Räumlichkeiten der Kammern, die
Canzlei, das Dienerpersonal und das Cassenwesen, sowie in Bezug auf die stenographische
Canzlei (§ 11, Absatz 2) und die Handhabung der Polizei (§ 27) ist dagegen eine
directe Vernehmung der Präsidenten mit den betheiligten einzelnen Ministerien gestattet
(vergleiche auch § 31).
Eine gleiche Befugniß steht auch den Deputationsvorständen in Bezug auf die Be-
stellung von Regierungscommissaren, Mittheilung von Acten und andere Auskunfts-
ertheilung zu.
Mit anderen Behörden haben die Kammern und deren Präsidien direct nicht zu
verkehren, die Annahme von Beschwerden oder Petitionen der Stadträthe und Gemeinde-
vorstände, als Vertreter ihrer Gemeinden, wird hierdurch nicht ausgeschlössen.
Ebenso dürfen Deputationen an den König nur nach vorheriger, durch das Ge-
sammtministerium zu vermittelnder Genehmigung desselben auch mit Ausnahme des
Falles einer Adresse und der § 110 im Eingange, ingleichen § 131 am Ende der Ver-
fassungsurkunde gedachten Fälle nur von beiden Kammern gemeinsam abgeordnet
werden.