— 325 —
Die Verhandlung und Entscheidung über Berufungen und Beschwerden in diesen
Angelegenheiten gehört vor den zweiten Civilsenat des Oberlandesgerichts, welcher
durch zwei, dem ersten Senat nicht angehörende, vom Präsidenten des Gerichtshofs zu
bestimmende Mitglieder des letzteren zu verstärken ist. Hat sich der Präsident des
Gerichtshofs für das betreffende Geschäftsjahr einem anderen Senat als dem zweiten
Civilsenat angeschlossen, so tritt derselbe au die Stelle des dem zweiten Civilsenat an-
gehörenden Senatspräsidenten.
& 11. In Straf= und Disciplinarsachen entscheidet der König über Mitglieder des
Königlichen Hauses in erster und letzter Instanz.
Zur Vorbereitung der Entscheidung erfolgt im Auftrag des Königs eine Erörterung
und Begutachtung des Falles durch das Oberlandesgericht.
Der Präsident des letzteren bestellt zur Vornahme der Erörterungen ein Mitglied
dieses Gerichtshofs, welchem bei, deren Vornahme die in der Strafprozeßordnung dem
Untersuchungsrichter beigelegten Befugnisse und Obliegenheiten zukommen. Die in
§ 98, 102, 112, 127, 131, 134 der Strafprozeßordnung bezeichneten Amtshand-
lungen können, soweit sie gegen Mitglieder des Königlichen Hauses gerichtet sein würden,
nur mit Genehmigung des Königs verfügt werden.
Nach Abschluß der Erörterungen und nachdem zur Einreichung einer Vertheidigungs-
schrift Gelegenheit gegeben worden ist, erstattet das Plenum des Oberlandesgerichts
auf Grund der Ergebnisse der Erörterungen in Form eines Erkenntnisses mit Ent-
scheidungsgründen ein Gutachten, welches dem Könige vom Justiz-Ministerium vor-
gelegt wird.
Die Entscheidung des Königs erfolgt durch Bestätigung, Verwerfung oder Ab-
änderung des Erkenntnisses, wobei jedoch die Bestimmung am Schluß des § 52 der
Verfassungsurkunde in Anwendung zu bringen ist.
& 12. Rücksichtlich der Vormundschaften bewendet es bei den Bestimmungen im
zweiten und im achten Abschnitt des Königlichen Hausgesetzes vom 30. December 1837.
Zu Entscheidung von Eheirrungen wird der König in vorkommenden Fällen jedesmal
ein besonderes Gericht niedersetzen und das Verfahren vor demselben bestimmen.
Bei Streitigkeiten, welche in privatrechtlichen Angelegenheiten zwischen Prinzen
und Prinzessinnen vorkommen, hat der Staatsminister der Justiz auf Königlichen
Auftrag einen Versuch der gütlichen Vereinigung anzustellen. Bleibt derselbe ohne
Erfolg, so ist die Streitigkeit auf den Rechtsweg zu verweisen.
13. Die Bestimmungen in §88 2, 3, 4, 7 und 9 des Gesetzes über privilegirte
Gerichtsstände 2c. vom 28. Januar 1835 und im neunten Abschnitt des Königlichen
Hausgesetzes vom 30. Deeember 1837 sind aufgehoben.
45“