Full text: Gesetz- und Verordnungsblatt für das Königreich Sachsen vom Jahre 1881. (47)

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86. 
Wachen sind nicht befugt, aus eigener Machtvollkommenheit und ohne von einem 
höheren Militär-Vorgesetzten den Befehl dazu erhalten zu haben, einen Offizier festzu— 
nehmen, es sei denn, daß 
1. ein Offizier sich augenscheinlich eines Verbrechens im Allgemeinen oder gegen die 
Wache selbst schuldig macht; 
2. ein Offizier sich außer Uniform, d. i. in Civilkleidern, befände und sich den An— 
ordnungen der Wache widersetzte, in welchem Falle er wie jede Civilperson 
behandelt wird. 
87. 
Das Recht, in den gesetzlich zulässigen Fällen die vorläufige Festnahme einer Person 
den Wachen zu befehlen, haben die denselben vorgesetzten Offiziere, nämlich: 
der kommandirende General, der Gouverneur, der Kommandant, oder der deren 
Funktionen versehende Offizier, die Offiziere du jour und, insoweit die Ronde- 
Offiziere im Verhältniß eines Vorgesetzten gegenüber den Wachen sich befinden, 
auch die Ronde-Offiziere. 
Sobald diese den Wachen vorgesetzten Offiziere die vorläufige Festnahme einer 
Person befehlen, muß dieselbe ohne weitere Prüsung auf die Gefahr des Befehlenden 
erfolgen. 
88. 
Wird von der Polizei-Behörde oder andern Beamten, welchen nach den bestehen— 
den Gesetzen die Pflicht obliegt, Verbrechen und Vergehen nachzuforschen, insonderheit 
von den zur Aufrechthaltung der Ruhe, Ordnung und Sicherheit bestellten Polizei— 
beamten, Gendarmen, Schutzmännern, Nachtwächtern u. s. w. vermöge ihres Amtes 
auf vorläufige Festnahme einer Person angetragen, so erfolgt dieselbe gleichfalls ohne 
weitere Prüfung auf die Gefahr des Requirenten. 
89. 
Privatpersonen, welche Jemand bei Ausführung einer strafbaren Handlung oder 
gleich nach derselben betreffen oder verfolgen, sind befugt, die Wachen um deren Unter— 
stützung behufs der vorläufigen Festnahme zu ersuchen, wenn der Thäter flieht oder der 
Flucht verdächtig ist, oder wenn dessen Persönlichkeit nicht sofort festgestellt werden kann. 
Einem solchen Ansuchen ist jedoch, wo nicht augenscheinliche Gefahr im Verzuge 
obwaltet, nur dann Statt zu geben: 
a) wenn der Ansuchende nach den Umständen außer Stande ist, die Hülfe der Polizei 
zeitig genug in Anspruch zu nehmen, oder wenn er versichert, daß keine polizei- 
liche Hülfe zur Hand sei; 
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