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8 2. Unbeschadet der Bestimmungen in § 4 des Gesetzes vom 20. Juli 1850 und
in § 5 der Ausführungsverordnung hat in jedem Falle, wenn Jemand an Pocken,
Scharlachfieber, Diphtheritis, asiatischer Cholera oder Flecktyphus gestorben ist, das
stille Begräbnifß stattzufinden.
3. Die in § 6 der Ausführungsverordnung über das stille Begräbniß getroffe-
nen Vorschriften werden hiermit auf das Verbot:
a) des Eintrittes in das Sterbehaus seiten anderer, als der mit dem Leichendienste
beschäftigten Personen und der nächsten Verwandten des Verstorbenen,
b) der Ausstellung der Leiche im Sterbehause, sowie des Singens und anderer
Feierlichkeiten in demselben,
beschränkt.
§ 4. Todtenhallen dürfen mit Genehmigung der Medicinalpolizeibehörde auch zur
Vornahme von Privatsectionen benutzt werden.
6 b.Die in § 10 der Ausführungs-Verordnung vom 20. Juli 1850 enthaltenen
Bestimmungen werden in folgenden Punkten abgeändert, beziehentlich ergänzt:
I. Der Begräbnißturnus, d. i. die Frist, nach deren Ablauf belegte Gräber
anderweit zu Beerdigungen benutzt werden dürfen, wird für jeden neuen Begräbnißplatz
und für jede Erweiterung eines Begräbnißplatzes, auch, soweit nöthig, für bereits be-
stehende Begräbnißplätze von der zuständigen Aufsichtsbehörde nach Gehör des Bezirks-
arztes festgestellt. Für das Mindestmaß dieser Frist sind die Bodenbeschaffenheit und
die Grundwasserverhältnisse des Begräbnißplatzes, sowie die örtliche Erfahrung über
die Verwesungsdauer bestimmend. Doch darf sie in keinem Falle für die Gräber von
über 10 Jahre alten Personen weniger als fünfzehn, für die von Kindern bis zum
erfüllten 10. Lebensjahre weniger als zehn Jahre betragen. Dabei ist stets darauf
Bedacht zu nehmen, daß, bei der weiteren Benutzung belegter Gräber, die in denselben
etwa noch vorhandenen Ueberreste der betreffenden Leichname wieder vergraben werden.
II. Bei der Anlegung neuer Begräbnißplätze und bei der Erweiterung von schon
vorhandenen Begräbnißplätzen kann für das dazu bestimmte Areal in den Fällen, wo
bei geringem Tiefstande und bei der Stromesrichtung des Grundwassers eine Ver-
unreinigung der Brunnen von den Gräbern her sich befürchten läßt, eine Entfernung
bis zu 50 Meter von dem vorhandenen nächstgelegenen Brunnen verlangt werden. Die-
selbe Entfernung kann unter den gedachten Voraussetzungen für solche Brunnen vor-
geschrieben werden, die in der Nähe von Begräbnißplätzen neu angelegt werden sollen.
Ueber das Maaß der einzuhaltenden Entfernungen sind in allen Fällen, nach vor-
gängiger genauer Feststellung der Grundwasserverhältnisse, die Bezirksärzte mit ihrem
Gutachten zu hören.
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(Zu § 7 der
Ausführungs-
Verordnung.)