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Steuer geeignet sein würde, die wirthschaftliche Lage des Beitragspflichtigen in empfind—
licher Weise nachtheilig zu beeinflussen. Obschon die Steuerfähigkeit sich nicht ausschließ—
lich nach der ziffermäßigen Höhe eines Einkommens bestimmt und bei gleicher Ein—
kommenshöhe je nach der sonstigen wirthschaftlichen Lage der Beitragspflichtigen sehr
verschieden sein kann, so darf doch im allgemeinen davon ausgegangen werden, daß zur
Annahme verminderter Steuerfähigkeit im Sinne von § 13 des Gesetzes bei den geringeren
Einkommen eher und in vermehrtem Grade ein Bedürfniß vorliegen wird, als bei höheren
Einkommen, und daß dieses Bedürfniß sich mehr und mehr abschwächt, je mehr sich das
Einkommen der Grenze von 5800 4 nähert. Der Umfang einer für geboten erachteten
Steuererleichterung ist innerhalb der vom Gesetze gezogenen Grenzen nach dem Grade
zu bemessen, in welchem die Steuerfähigkeit durch Verhältnisse der oben erwähnten Art
beeinträchtigt wird. In Bezug auf die Beurtheilung dieser Verhältnisse ist im einzelnen
noch Folgendes zu bemerken:
Zu a. Eine außergewöhnliche Belastung durch den Unterhalt von Kindern und die
Verpflichtung zur Unterhaltung armer Angehöriger kann nur angenommen werden, wenn
an den Beitragspflichtigen durch die Erfüllung der Unterhaltsverbindlichkeit, auch wenn
sie sich in angemessenen Grenzen hält und nicht über das den Verhältnissen des Beitrags-
pflichtigen entsprechende Maß hinausgeht, im Vergleiche zu seinem Einkommen erhebliche
Anforderungen gestellt werden, denen er nur durch außergewöhnliche Entbehrungen und
Einschränkungen in seiner Lebenshaltung zu genügen vermag.
Unzulässig ist es, den § 13 des Gesetzes schablonenhaft beim Vorhandensein einer
gewissen Anzahl von Kindern anzuwenden; denn wenn auch eine verhältnißmäßig große
Zahl von Kindern unter 14 Jahren oder von hülfsbedürftigen älteren Kindern vielfach
eine besondere Belastung zur Folge haben wird, so braucht dies doch nicht nothwendig
der Fall zu sein, und es ist solche besondere Belastung nach Befinden dann nicht an-
zunehmen, wenn die Ehefrau oder die Kinder oder sonstige Hausgenossen des Steuer-
pflichtigen zu den Kosten seines Haushalts beitragen oder ihn in seiner Erwerbsthätigkeit
unterstützen.
Um eine Berücksichtigung wegen der Unterhaltung armer Angehöriger zu begründen,
ist nicht erforderlich, daß eine rechtliche Verpflichtung hierzu vorliegt; es genügt vielmehr
eine zweifellose moralische Verpflichtung.
Zu b. Andauernde Krankheit kommt nur unter der Voraussetzung in Betracht, daß
sie den Beitragspflichtigen zu besonderen außergewöhnlichen Aufwendungen genöthigt
oder ihn in seinen Erwerbs= und Wirthschaftsverhältnissen zeitweise zurückgebracht hat.
Ob die Krankheit den Beitragspflichtigen selbst oder Familienglieder betroffen hat, ist für
die Berücksichtigung dieses Umstands gleichgültig.
1894. 23