Auf Grund des Artikels 48 der Reichsverfassung wird nachstehende Telegraphen-
ordnung erlassen.
§ 1.
1 Die Benutzung der für den öffentlichen Verkehr bestimmten Telegraphen steht
Jedermann zu. Die Verwaltung hat jedoch das Recht, ihre Linien und Telegraphen-
anstalten zeitweise ganz oder zum Theil für alle oder für gewisse Gattungen von Korre-
spondenz zu schließen.
II Privattelegramme, deren Inhalt gegen die Gesetze verstößt oder aus Rücksichten
des öffentlichen Wohles oder der Sittlichkeit für unzulässig erachtet wird, werden zurück-
gewiesen. Die Entscheidung über die Zulässigkeit des Inhalts steht dem Vorsteher der
Aufgabeanstalt, bez. der Zwischen= oder Ankunftsanstalt oder dessen Vertreter, in zweiter
Instanz der dieser Anstalt vorgesetzten Ober-Postdirektion und in letzter Instanz dem
Reichs-Postamte zu, gegen dessen Entscheidung eine Berufung nicht stattfindet. Bei
Staatstelegrammen steht den Telegraphenanstalten eine Prüfung der Zulässigkeit des
Inhalts nicht zu.
8 2.
I Die Telegramme zerfallen rücksichtlich ihrer Behandlung in folgende Gattungen:
1. Staatstelegramme,
2. Telegraphen-Diensttelegramme,
. dehe Privattelegramme.
Bei der Beförderung genießen die Staatstelegramme, welche als solche bezeichnet
und durch Siegel oder Stempel beglaubigt sein müssen, vor den übrigen Telegrammen,
die Telegraphen-Diensttelegramme vor den Privattelegrammen und die dringenden
Privattelegramme vor den gewöhnlichen Privattelegrammen den Vorrang.
A& In Bezug auf die Abfassung sind zu unterscheiden:
1. Telegramme in offener Sprache,
2. Telegramme in geheimer Sprache.
Die geheime Sprache scheidet sich in
a) verabredete Sprache,
b) chiffrirte Sprache.
— Unter „Telegrammen in offener Sprache“ werden solche Telegramme
verstanden, welche in einer oder in mehreren der für den telegraphischen Verkehr zu-
gelassenen Sprachen derart abgefaßt sind, daß sie einen verständlichen Sinn geben. Sie
Benutzung des
Telegraphen.
Eintheilung
der
Telegramme.