— 157 —
J.
Hebammenordnung
vom 16. November 1897.
& 1. Jede Frauensperson, welche die Hebammenkunst in einer öffentlichen Lehr-
anstalt des Landes erlernen will, hat zuvor durch Zeugnisse nachzuweisen, daß sie die
dazu erforderliche Befähigung besitzt.
Diese Zeugnisse sind:
1. das Geburtszeugniß, zum Zwecke des Nachweises, daß die Bewerberin nicht
unter 21 und nicht über 35 Jahre alt ist;
2. das Schulzeugniß;
3. ein Befähigungszeugniß, ausgestellt vom Bezirksarzte (Physikus). Dieses
Zeugniß muß ausdrücklich enthalten, daß die Person einen gesunden, nicht schwäch-
lichen Körperbau hat und mit ungeschwächten Sinnen, gesunden, gehörig gebildeten,
nicht zu starken Händen ausgestattet und mit einem guten natürlichen Verstande
begabt ist, daß sie geläufig lesen und ein Diktat deutlich und ohne grobe Verstöße
gegen die Regeln der Rechtschreibung schreiben kann, daß sie im Rechnen die im
gewöhnlichen Leben erforderlichen Kenntnisse besitzt und mit den gesetzlichen Maaßen
und Gewichten genau vertraut ist;
4, ein Leumundszeugniß; dasselbe ist auszustellen von der Ortspolizeibehörde des
Wohnorts — Stadtrath, Bürgermeister, Gemeindevorstand, Gutsvorsteher —
auf Grund vorherigen Einvernehmens mit dem Ortsgeistlichen, und hat sich nicht
auf die bloße Angabe zu beschränken, daß die betreffende Person einen unbe-
scholtenen Leumund genießt, sondern muß darauf lauten, daß die Inhaberin eine
zuverlässige und in ihrer Umgebung geachtete Person sei; es ist zu verweigern,
wenn es in dieser Form nicht ausgestellt werden kann.
Personen, welche außerehelich geboren haben, sind abzuweisen. Ausnahmen sind
nur zulässig nach sorgfältigster Erörterung der einschlagenden Verhältnisse.
Die Ausstellung der beregten Zeugnisse und alle Vorerörterungen haben kostenfrei
zu erfolgen.
6#2. Frauen, welche die Hebammenkunst erlernen wollen, haben sich bei der Direktion
des betreffenden Lehrinstituts mindestens zwei Monate vor Anfang der jedesmal am
1. Januar und 1. Juli beginnenden Lehrkurse unter Beibringung der vorgeschriebenen