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soweit solche Ehen nach § 1310 Absatz 2 des Bürgerlichen Gesetzbuchs noch in
Frage kommen können;
c) bei der Eheschließung eines oder einer Geschiedenen, welcher oder welche nach dem
Scheidungsurtheil als der schuldige Theil erscheint, vor dem Tode oder der
Wiederverheirathung des anderen Theiles, dafern nicht Anzeichen vorliegen,
welche die Annahme rechtfertigen, daß sie die danach an den Tag getretene
Sündhaftigkeit ihrer Handlungsweise erkennen und bereuen;
4) wenn die Verhältnisse so liegen, daß die Nichtbeachtung eines ausdrücklichen
Widerspruchs der Eltern als eine offenbare Verletzung des vierten Gebots sich
darstellen würde.
Die Trauung kann nachträglich erfolgen, wenn der Grund ihrer Versagung weg-
gefallen, insonderheit das gegebene Aergerniß gehoben ist.
#20. Glaubt der um Vornahme des Aufgebots und der Trauung angegangene
zuständige Geistliche die Trauung aus den § 19 angegebenen Gründen versagen zu
müssen, oder gehen ihm sonst im einzelnen Falle, namentlich bei der Wiedertrauung
Geschiedener wegen ihres Verhaltens bei der Lösung ihres früheren Ehebündnisses Be-
denken dagegen bei, so hat er, falls die Betheiligten sich hierbei nicht beruhigen, unter
näherer Darlegung seiner Gründe unverweilt an den vorgesetzten Superintendenten, in
der Oberlausitz an die dortige Konsistorialbehörde Bericht zu erstatten.
Dem Berichte ist in dem Falle, wenn der Grund der Versagung der Trauung in
einem öffentlichen Aergerniß (§ 19, 3) beruht, eine Aeußerung des Kirchenvorstandes
darüber beizufügen.
#21. Die Entscheidung über Beschwerden wegen Versagung der Trauung steht,
wenn die entstandenen Zweifel sich nicht etwa durch die Vermittelung des Superintendenten,
beziehentlich der Konsistorialbehörde zu Bautzen erledigen lassen, dem Evangelisch-luther=
ischen Landeskonsistorium zu.
§ 22. Auf solche Personen, welche eine Ehe eingehen, der nach 88 19 und 21 die
Tranung versagt bleiben muß, finden diejenigen Vorschriften analoge Anwendung, welche
das Kirchengesetz, einige Bestimmungen über die Aufrechthaltung kirchlicher Ordnung
betreffend, vom 1. Dezember 1876 (Gesetz= und Verordnungsblatt vom Jahre 1876
S. 712 flg. und Verordnungsblatt des Evangelisch-lutherischen Landeskonsistoriums vom
Jahre 1876 S. 136 flg.) in den §§ 2 und 5 hinsichtlich solcher Personen ertheilt,
welche die Taufe oder die Trauung unterlassen, oder die Konfirmation ihrer Kinder
verweigern. Das Gleiche gilt von einem evangelisch-lutherischen Manne, der die aus-
drückliche Zusage, sämmtliche von den Ehegatten der gemischten Ehe abstammenden gemein-