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& 7. Die Leichenfrau ist außer den Fällen des § 6 verpflichtet, einen Arzt, falls
ein solcher noch nicht zugegen war, herbeizurufen und, sofern dies die Angehörigen nicht
zugeben wollen, der Ortsbehörde Anzeige zu machen:
1. wenn die als tot bezeichnete Person bei anscheinend guter Gesundheit oder nach
nur leichtem Kranksein, ohne eine bekannte Ursache, oder infolge von Schreck, Ärger oder
einer anderen heftigen Gemütsbewegung, oder nach starkem Blutverlust, oder während
eines Krampfanfalls oder einer Ohnmacht, oder alsbald nach einem Schlaganfall, oder
nach übermäßigem Essen und Trinken oder langem Hungern und Dursten oder nach einer
starken körperlichen Anstrengung oder infolge der Einwirkung starker Hitze unerwartet
schnell hingeschieden ist;
2. wenn bei dem angeblich Verstorbenen noch eine Spur von Atemholen oder Herz—
schlag und Puls sichtbar oder fühlbar ist, der Körper sich noch verhältnismäßig warm
anfühlt, die Hautfarbe, namentlich im Gesicht, noch frisch, nicht blaß und nicht schmutzig
bleich, und das Gesicht noch voll, nicht eingefallen erscheint, das Auge noch nicht zurück-
gesunken ist und noch einigen Glanz zeigt, die Gliedmaßen noch völlig biegsam sind und
die Körperstellen, die auf einer harten Grundlage aufliegen, sich nicht plattgedrückt haben.
g 8. Vermutet die Leichenfrau Scheintod oder hat sie überhaupt einen Zweifel, daß
der Tod wirklich eingetreten ist, so liegt ihr außer der Herbeirufung eines Arztes ob,
dafür zu sorgen, daß bei dem anscheinend Verstorbenen die Kleidungsstücke überall da,
wo fie einzelne Körperteile beengen, möglichst gelockert und geöffnet werden und daß,
wenn der Hals mit einem Strick, einer Schnur, einem Tuch usw. umschnürt ist, dieser
Gegenstand sofort beseitigt oder durchschnitten wird, sowie daß der Körper, außer bei
Erfrorenen, mit durchwärmten Decken und Tüchern bedeckt und an die Füße Wärm-
flaschen gelegt werden, das Gesicht aber unbedeckt bleibt, auch dem Raume, in dem sich
die betreffende Person befindet, durch Offnen der Fenster in ausgiebigster Weise frische
Luft zugeführt wird.
(9. Ferner soll die Leichenfrau bis zur Ankunft des Arztes der leblosen Person
wiederholt ihren Namen oder sonstige ihr bekannte Worte ins Ohr rufen lassen, das
Gesicht und die Brust mit kaltem Wasser bespritzen, die Schläfe, Stirn und Herzgrube
mit Essig oder Branntwein oder Hoffmanns Tropfen einreiben, den Körper und nament-
lich die Füße mit wollenen Tüchern, mit warmem Esfig oder Branntwein und die Fuß-
sohlen mit einer in Essig getauchten Bürste reiben, auf die Herzgrube, die Waden und
Fußsohlen in Wasser getauchtes Senfpapier oder aus Essig, lauem Wasser und Senfmehl
oder Meerrettig bereitete Teige legen, Salmiakgeist oder Hoffmanns Tropfen und der-
gleichen unter die Nase halten und den Gaumen mit einem Federbart kitzeln. Ertrunkene
find, indem ihnen ein Arm unter die Stirn gelegt wird, einige Minuten auf das Gesicht