Full text: Gesetz- und Verordnungsblatt für das Königreich Sachsen vom Jahre 1910. (76)

— 595 — 
sozialen Leben zum Heile der Menschheit wirksame Macht darzustellen, in das Seelen- 
leben frommer Christen einzuführen und das Verständnis der kirchlichen Gegenwart 
mit ihren Aufgaben zu erschließen. 
5. Damit sowohl doppelte Behandlung derselben Stoffe vermieden, als auch die 
Einheitlichkeit der Bildung tunlichst gefördert werde, ist namentlich in den Klassen V 
und II der höheren Mädchenschule und in Unter= und Oberprima der Studien- 
anstalt die Beziehung zum Geschichtsunterrichte zu wahren. Die auszuarbeitenden 
besonderen Lehrpläne der Anstalten haben zum Zwecke der Arbeitsteilung genauere 
Bestimmungen über die Stoffauswahl in den beiden Unterrichtsfächern zu treffen. 
6. Bei der Unterweisung im Katechismus, die in den unteren Klassen in enge 
Verbindung mit der biblischen Geschichte zu setzen, in Klasse IV und III der höheren 
Mädchenschule aber selbständiger zu gestalten ist, hat theologisierende Behandlungs- 
weise fern zu bleiben. Der Unterricht hat in die Kernpunkte des Katechismus- 
Inhaltes hineinzuführen und diese in kindesgemäßer, lebensvoller Behandlung zu 
erschließen. 
7. Durch den Unterricht in der Glaubenslehre und in der Sittenlehre sind die 
Schülerinnen der oberen Klassen, die im reiferen Alter selbst nach geschlossener Er— 
kenntnis verlangen, zum rechten Verständnis der wichtigsten Lehren der evangelisch— 
lutherischen Kirche und zur Wertschätzung der letzteren zu führen. Aller ihr Ver— 
ständnis übersteigender und ihr christliches Leben nicht fördernder Stoff und unnötige 
Systematik sind fernzuhalten. 
8. Auf allen Stufen ist nach festzustellendem Plane eine mäßige Anzahl von 
Bibelsprüchen und Liedern zu behandeln und einzuprägen. Dabei kommt besonders 
in Betracht, inwieweit Sprüche und Liedstrophen den religiös-sittlichen Bedürfnissen 
entsprechen, einer wichtigen Heilstatsache oder religiösen Erfahrung oder dem wesent- 
lichen Inhalte einer Unterrichtseinheit einen besonders angemessenen Ausdruck ver- 
leihen, und inwieweit die innere Aneignung von den Schülerinnen vollzogen werden 
kann. In der Auswahl und Verteilung der Kirchenlieder ist möglichst Anschluß an das 
Kirchenjahr und den Gesangunterricht herzustellen. Bei ihrer Behandlung in den 
bberen Klassen sind Züge aus dem Leben ihrer bedeutendsten Dichter zu geben. 
9. Die gelernten Sprüche und Liedstrophen sind bis in die obersten Klassen 
hinauf öfter zu wiederholen und im Unterrichte sowie bei den Andachten zu verwerten. 
10. Schließlich muß erwartet werden, daß der Religionsunterricht von dem in 
der Schule herrschenden Geiste unterstützt und daß auch in anderen Fächern dazu 
beigetragen werde, die Einheit der religiös-sittlichen Bildung der Schülerinnen zu 
wahren und zu fördern. 
90*
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.