Full text: Gesetz- und Verordnungsblatt für das Königreich Sachsen vom Jahre 1911. (77)

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Verhalten bei Verdacht auf gewaltsamen Tod. 
8 11. Wenn die Leichenfrau nach gehörten Äußerungen oder bei eingezogenen 
Erkundigungen oder nach dem Befund an der Leiche oder sonstigen Wahrnehmungen, 
überhaupt irgendwie zu der Überzeugung oder auch nur zu der Vermutung gelangt, 
daß der Tod auf gewaltsame Art, sei es durch Verunglückung — Sturz, Verletzungen, 
Blitzschlag, Erfrieren, Ersticken, Ertrinken, Einatmen schädlicher Dünste — oder durch 
Selbstmord — Erhängen, Ertränken, Erstechen, Erschießen, Vergiften — oder durch 
dritte Hand — Verletzungen, Vergiftung, Ersticken, Erdrosseln, Erwürgen, Ertränken, 
Erschießen, Erstechen usw. — veranlaßt worden ist, so muß sie der Ortsbehörde sofort 
Anzeige machen und weiter auch dafür Sorge tragen, daß an der Leiche und deren 
Umgebung vor der Besichtigung durch die Polizei- oder Gerichtsbehörde keinerlei 
Veränderung vorgenommen wird. Die Vorbereitung der Leiche zur Bestattung 
darf in diesen Fällen erst dann vorgenommen werden, wenn behördlicherseits die 
Erlaubnis zur Bestattung erteilt worden ist. 
Verhalten in Fällen unzweifelhaften Todes. 
8 12. In denjenigen Fällen, in welchen keine Zweifel an dem wirklich ein— 
getretenen Tode beigehen, auch ein Verdacht auf gewaltsamen Tod nicht besteht, 
kann die Leichenfrau zur gewöhnlichen Versorgung der Leiche — Entkleidung, 
Reinigung usw. — verschreiten, sie darf aber die Leiche nicht eher vom Sterbelager 
entfernen oder entfernen lassen, als bis sie deutliche Zeichen beginnender Fäulnis 
an derselben wahrgenommen hat. Eine frühere Entfernung vom Sterbelager darf 
nur dann stattfinden, wenn ein Arzt den erfolgten Tod festgestellt hat. 
Zugleich hat die Leichenfrau bei der Reinigung der Leiche darauf zu achten, 
ob jetzt etwa Zeichen gewaltsamen Todes (§ 11) wahrnehmbar werden, die vorher 
nicht bemerkt worden sind. Findet sie solche, so ist sofort der Ortsbehörde hierüber 
Anzeige zu erstatten und nach der Vorschrift in § 11 zu verfahren. 
§ 13. Die Leichenfrau hat in allen Fällen, in denen ein Verstorbener nicht 
von einem Arzt besichtigt worden ist, die Leiche täglich wenigstens zweimal, womög- 
lich in den Morgen- und Abendstunden, zu besuchen und hat sich hierbei jedesmal 
noch genauer von dem wirklich erfolgten Tod und der beginnenden oder fort- 
schreitenden Verwesung zu überzeugen. 
In den Fällen dagegen, in welchen ein Arzt den erfolgten Tod festgestellt 
hat, ist die Leiche bis zu ihrer Bestattung oder Überführung in die Leichenhalle 
täglich nur einmal zu besuchen; ist diesfalls die Leiche in die Leichenhalle verbracht 
worden, so hat die Leichenfrau dieselbe dort nur dann zu besuchen, wenn von ihr 
die Verrichtungen für die Bestattung vorzunehmen sind.
	        
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