Full text: Gesetz- und Verordnungsblatt für das Königreich Sachsen vom Jahre 1913. (79)

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(2) Das Ministerium des Innern kann den ganzen Gemeinderat aus Gründen 
eines erheblichen öffentlichen Interesses auflösen und über die einstweilige Ver- 
waltung der Gemeindeangelegenheiten sowie der Polizei auf Kosten der Gemeinde 
Bestimmung treffen. Solchenfalls ist die Neuwahl des Gemeinderats binnen 3 Monaten 
anzuordnen. 
V. Sondervorschriften für größere Landgemeinden. 
§ 69. Größere Landgemeinden mit entwickelteren Verhältnissen können sich 
durch ein, die gesamten Gemeindeverhältnisse regelndes Ortsgesetz den nachstehenden 
Sonderbestimmungen in §8 70 bis 77 unterstellen. 
§ 70. (1) Die Zahl der unansässigen Gemeindevertreter beträgt ein Drittel der 
Gesamtzahl der Gemeindevertreter. Durch Ortsgesetz kann diese Zahl bis auf die 
Hälfte erhöht werden. 
(2) Voraussetzung ist dabei, daß ein Gemeindebürgerrecht eingeführt ist oder auch 
für die Unansässigen mindestens zwei Klassen gebildet werden. Der Klassenbildung 
sind die Zahl und die Gemeindesteuerverhältnisse der unansässigen Gemeindemitglieder 
zugrunde zu legen; sie kann auch nach Berufsklassen erfolgen. 
8 71. (1) Die Verhandlungen des Gemeinderates sind öffentlich. Doch kann 
der Gemeindevorstand bei einzelnen Verhandlungsgegenständen die Offentlichkeit aus- 
schließen. Dies hat zu geschehen, wenn der Gemeinderat es beschließt oder die öffent- 
liche Ordnung oder Sittlichkeit gefährdet wird oder wenn Steuer= und Armensachen 
verhandelt werden. 
(2) Die Verhandlungen dürfen in keinem Raume stattfinden, der zu gleicher Zeit 
als öffentlicher Schankraum benützt wird. Der Gemeinderat ist verpflichtet, eine 
Geschäftsordnung aufzustellen und, soweit dies nach den örtlichen Verhältnissen ohne 
übermäßige Kosten möglich ist, ein besonderes Sitzungszimmer zu beschaffen. 
(s) Der Gemeindevorstand kann Zuhörer, welche die Verhandlungen stören, aus 
dem Sitzungszimmer weisen. Auch kann der Gemeinderat über Mitglieder und 
Zuhörer, welche die Verhandlungen stören, Ordnungsstrafen bis zu 10 K verhängen. 
Mit der gleichen Ordnungsstrafe können Gemeinderatsmitglieder belegt werden, 
welche ohne genügende Entschuldigung die Sitzung versäumen oder vor Schluß ver- 
lassen. Der Gemeinderat kann diese Ordnungsstrafen beschließen, auch wenn er infolge 
der Abwesenheit dieser Mitglieder an sich beschlußunfähig sein sollte. 
§ 72. (1) Der Gemeinderat hat dafür zu sorgen, daß die Verwaltung sämtlicher 
Gemeindekassen, abgesehen von den durch ihn selbst vorzunehmenden unvermuteten
	        
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